Mit ihrer Untersuchung zu Resten in Getränkepackungen ist
die 12-jährige Kleinmachnowerin ins Finale von Jugend forscht gekommen
Von Volker Eckert
Kleinmachnow – Sie war mit Abstand jüngste Teilnehmerin im Bundesfinale von
„Jugend forscht“. Da denkt man schnell: Sicher haben ihre Eltern Jana draufgebracht,
sie ist ja gerade mal 12. Doch die Beobachtung, dass in Getränkekartons immer
ein beträchtlicher Rest bleibt, hat sie selber gemacht. Und ohne eine Miene zu
verziehen, schiebt sie nach: „Ich hatte schon länger nach einer Idee für Jugend
forscht gesucht.“
Früher ärgerte man sich bei den
Milchtüten darüber, dass sich trotz Perforation meist die Ecke nicht aufreißen
ließ oder nur mit soviel Kraftaufwand, dass gleich der erste Schluck auf dem
Küchenboden landete. Die Zeiten sind vorbei, heute sind die Kartons wiederverschließbar.
Weil Milch und Säfte dann länger haltbar sind. Und wahrscheinlich auch weil’s
besser aussieht. Aber Ärger hat man auch damit. Früher musste man den Karton
nur schräg halten und der Milch blieb nichts übrig, als sich zum Ausgang zu
bewegen. Das ist nun nicht mehr so. Denn um den Schraubverschluss ist viel
Platz. Platz für Millionen von Litern jedes Jahr, wie Jana herausfand.
Bei ihr fing der Ärger nicht am Frühstückstisch an, sondern beim Müllbeutel
runterschleppen. Da sammelten sich immer Saftkleckse auf dem Boden. Also begann
sie der Sache nachzugehen. Das war vergangenen Herbst. Am Wochenende hat sie
ihre Ergebnisse beim Bundesfinale von „Jugend forscht“ in Dortmund vorgestellt.
Auch das Bundesumweltministerium und die Verpackungshersteller haben sich schon
für ihre Arbeit interessiert.
Jetzt steht Jana in ihrem Zimmer im Kleinmachnower Wacholderweg, wo sie mit
ihren Eltern und zwei jüngeren Geschwistern eine Doppelhaushälfte bewohnt. Auf
dem Bett liegt die Präsentation ihrer Arbeit, viele weiße Blätter mit Fotos,
Zeichnungen, Zahlen, Briefen von Firmen, Ministerium und Umweltbundesamt.
Daneben auf gelbem Karton Kopien von Zeitungsartikeln über sie und den
Wettbewerb. „Was die Presse sagt“, steht in großen Buchstaben darüber. Nächste
Woche wird die Präsentation in der Eigenherd-Schule, die Jana besucht,
ausgestellt.
Viele verschiedene Getränkeverpackungen hat Jana getestet, die Messgeräte
brachte ihr Vater mit, der ist Chemielehrer. Dabei hat sie erhebliche
Unterschiede festgestellt: Im Vitafit Multivitaminsaftkarton bleiben im Schnitt
9,86 Milliliter übrig, bei Campina-Milch mit abreißbarer Ecke – die es nach
Janas Wissen kaum noch gibt – nur 1,9 Milliliter. Würde man nun annehmen, dass
alle Getränkekartons in Deutschland Verpackung und Verschluss von Vitafit
hätten, dann würden die kleinen Reste sich auf über 30 Millionen Liter
summieren, bei Campina wären es noch fast 3 Millionen. Am Anfang wollte Jana
einen Hinweis auf die Kartons drucken lassen, wie man trotzdem noch das meiste
aus den Kartons herausholt (Schütteln, Ecke abschneiden). „Aber viele Leute
würden das ja auch nicht machen, die denken: ach die Umwelt ...“ sagt sie und
verdreht die Augen.
Also hat sie sich selber einen Karton ausgedacht: mit Drehverschluss, aber eher
trichterförmig. Beim Umweltministerium, wo Jana wegen Zahlen anfragte, mussten
sie zugeben, dass sie sich bei der Ökobilanz der Getränkekartons um diesen
Aspekt keine Gedanken gemacht hatten. Inzwischen beschäftigt sich das
Umweltbundesamt damit. Geschrieben hat Jana auch an drei Kartonhersteller, zwei
haben geantwortet und sie eingeladen, ihre Arbeit einmal vorzustellen.
Vielleicht fährt sie in den Sommerferien nach Hessen zu Tetrapak. Einerseits
scheut sie den Aufwand, sagt sie. Andererseits: „Wenn die wirklich interessiert
sind, dann geht es ja um viel Geld.“ Janas Eltern könnten ein Patent anmelden.
In Dortmund war sie nicht ganz so erfolgreich. Aber schließlich waren die
andern 217 jugendlichen Forscher meist schon im Abituralter. Als Jüngste hat
Jana aber schon viel Interesse geweckt. Im Kinderkanal läuft ein kleiner
Beitrag über sie (heute 20 Uhr). Der Dreh war anstrengend, wie das ganze letzte
halbe Jahr. Das Gefühl etwas zu verpassen, hat sie aber bei der ganzen Arbeit
nicht gehabt. Die Freundinnen würden ja manchmal auch Sachen machen, die sie
nicht interessieren, sagt Jana. Reiten zum Beispiel.
Mit zwei von ihnen will sie nächstes Jahr wieder bei Jugend forscht mitmachen.
Eine Idee haben sie schon, die wird aber nicht verraten, sagt Jana und beim
Lächeln kommt ihre Zahnspange zum Vorschein. Trotz all dem Aufwand bleibt immer
noch Zeit für den Chor, Flöten- und Klavierunterricht, Lesen (zurzeit Hanni und
Nanni). Ein paar Tage in der Schule hat sie zwar verpasst, trotzdem reicht es
noch für Einsen und Zweien. Nur in Schönschrift, kann Jana sich erinnern, hat sie
mal eine Drei gehabt.