Potsdamer Neueste Nachrichten 01.06.06

"Gier der SPD hat den Hauptausschuss gesprengt"

Kleinmachnow - Die Tagesordnung war mit 22 Punkten reichhaltig, die Zuhörerbänke ungewöhnlich dicht besetzt und die Spannung über den Verlauf der Sitzung hoch. Doch ehe die Tagung des Kleinmachnower Hauptausschusses am Montagabend begann, war sie schon zu Ende. Der WIR-Abgeordnete John Banhart sprach dem Gremium seine Berechtigung ab. Der Ausschuss spiegele die neuen Verhältnisse nicht wider, die es nach den Wechselpartien in der Gemeindevertretung gibt. Bürgermeister Wolfgang Blasig musste die Sitzung absagen.

Hintergrund: Nach ihrem Wechsel von der Grünen- in die SPD-Fraktion, nahm Nina Hille nach alter Gewohnheit nun auch im Hauptausschuss Platz. Doch stehen der SPD weiterhin nur drei Sitze zu. Am Montag hatte die SPD im Hauptauschuss viermal so viele Vertreter wie die UBK/WIR-Fraktion, „obwohl sie im gesamten Parlament nur doppelt so viel Abgeordnete hat“, so Banhart. Da sich durch Hilles Wechsel die Grünen-Fraktion aufgelöst hat, sind deren Ansprüche auf den Platz im Hauptausschuss neu zu vergeben – doch nicht an die SPD, sondern per Los an die PDS oder UBK/WIR. Deshalb stellte Banhart bereits in der jüngsten Sitzung der Gemeindevertretung den Dringlichkeitsantrag, die notwendigen Korrekturen vorzunehmen. Doch erkannten vor allem die Sozialdemokraten die Dringlichkeit nicht an: der Antrag wurde abgelehnt.

Ein Fehler. Denn konsequenter Weise wiederholte Banhart vorgestern seinen Einwand: „Der Hauptausschuss kann derzeit keine rechtsgültigen Beschlüsse fassen.“ Zwar unternahm SPD-Vertreterin Ruth Barthels den Versuch zu betonen, dass man es lediglich abgelehnt habe, die Neubildung des Ausschusses als dringlich zu behandeln. Doch stellte sich für CDU-Fraktionschef Ludwig Burkardt die Frage der Dringlichkeit gar nicht. „Es ist schlicht notwendig, Gremien mit Beschlusskraft neu zu bilden, wenn sich Fraktionsstärken und Mehrheitsverhältnisse ändern.“ Daher bewertete es als „unfair“, wie Banharts Antrag in der Gemeindevertretersitzung abgelehnt wurde. Auch Burkardt hielt es „rechtlich für bedenklich“, wenn der Ausschuss tagt: „Wir laufen Gefahr, dass Beschlüsse des Hauptausschusses angefochten werden“. Zudem war es dem Christdemokraten wichtig, dass über brisante Beschlussvorlagen auch mit dem tatsächlichem Stimmverhältnis befunden wird, wie es sich aus den neuen Konstellationen ergibt.

Letztlich kam am Montag die SPD nach einer Bedenkzeit nicht umhin, ihren Fehler einzugestehen und Banhart Recht zu geben. Bürgermeister Blasig als Vorsitzender des Hauptausschusses musste das Ende der Sitzung verkünden, ehe diese begonnen hatte. Er werde es dem Vorsitzenden der Gemeindevertretung als „dringend und notwendig“ nahelegen, wichtige Vorlagen wie den Aufstellungsbeschluss für einen Seeberg-Bebauungsplan auf die Tagesordung der nächsten Sitzung des Ortsparlamentes zu setzen, auch wenn es kein Votum des Hauptausschusses gibt.

„Offensichtlich hat sich die SPD Vorteile erhofft, die Neubildung des Ausschusses zu behindern“, mutmaßt Banhart. Nun habe „die Gier der SPD hat den Hauptausschuss gesprengt“.

Peter Könnicke