Potsdamer Neueste Nachrichten 24.05.05

In allen Lagern zum Wahlkampf gerüstet

In den mittelmärkischen Ortsverbänden der Parteien ist man zum bundespolitischen Schlagabtausch bereit / CDU: Kein Spaziergang

Potsdam-Mittelmark - Das Bestreben von Bundeskanzler Gerhard Schröder nach Neuwahlen im Herbst hat in den mittelmärkischen Partei-Ortsverbänden ein nahezu einmütiges Echo hervorgerufen. „Es ist in dieser Situation der einzig richtige Schritt“, meint Kleinmachnows SPD-Ortschef Frank Nägele. „Schlechter kann es nicht werden“, befindet sein PDS-Pendant Klaus-Jürgen Warnick. „Schröder bleibt nur die Kapitulation“, ist Peter Weiß an Stahnsdorfs CDU-Spitze überzeugt. Von einer „verspäteten Einsicht“ spricht Teltows FDP-Spitzenfunktionär Hans-Peter Goetz. Der Nuthetaler Sozialdemokrat Rudolf Bauer indes spricht von „politischem Selbstmord“.

Sollte es im Herbst tatsächlich Bundestagswahlen geben, ist man an der Basis für einen heißen Sommer gewappnet. „Wir sind programmatisch gut aufgestellt“, versichert Kleinmachnows Grünen-Sprecher Michael Martens. „Unsere Programme sind bundes- und landespolitisch aktuell.“ Auch Martens würde Neuwahlen begrüßen, da der Wähler gedrängt werde, sich zu entscheiden. Dabei sieht er für die Grünen „sehr gute Chancen“. Die NRW-Wahl sei von der Wechselstimmung geprägt gewesen, nach 39 Jahren SPD der CDU die Verantwortung zu übergeben. „Auf Bundesebene ist das nicht gegeben“, meint der Grüne.

Beim Wahlkampf vor Ort werde es für Kleinmachnows Sozialdemokraten darum gehen „klar zu machen, wo wir im Reformprozess stehen“. „Neuwahlen sind keine Legitimation für einen Kurswechsel“, so Nägele. Und man werde deutlich machen, was die personellen Alternativen an der Bundesspitze sind – „Merkel und Westerwelle“.

Ansonsten hat die SPD-Basis sich am Morgen danach vom Schock erholt. „Ich sehe keinen, der gegen Neuwahlen ist“, sagt Nuthetals SPD-Chefin Monika Zeeb. Im Herbst müssten die Leute sich entscheiden, ob sie wirklich eine CDU wollen, die laut Zeeb für reinen Kapitalismus steht – mit geschwächten Gewerkschaften und ohne Kündigungsschutz. Auch für ihren Stahnsdorfer Genossen Heinrich Plückelmann ist mit sofortiger Wirkung der Wahlkampf eröffnet. Die Sozialdemokraten in der Region sieht er gut gerüstet: „Wir haben viele aktive Mitglieder.“ Daran, dass Andrea Wicklein, die 1998 mit 20 Prozentpunkten Vorsprung ein Direktmandat holte, wieder antreten wird, hat Plückelmann keinen Zweifel, wie er gestern sagte.

Weniger optimistisch gibt sich dagegen Rudolf Bauer, SPD-Gemeindevertreter in Nuthetal: Er glaubt nicht, dass sich an der Ablehnung der Bundesregierung in den nächsten Monaten noch etwas ändert. „Wenn es dann mit der CDU schlechter wird, will ich aber kein Gejammer hören.“

Stahnsdorfs CDU-Chef Peter Weiß kann sich seine Parteichefin sehr gut als Bundeskanzlerin vorstellen: „An Angela Merkel geht nichts vorbei.“ Ihr Auftritt auf dem Landesparteitag am vergangenen Wochenende habe ihn beeindruckt, „sie hat deutlich an Profil gewonnen“. Weiß prophezeit, dass der Wahlkampf „kein Spaziergang“ wird. Wahrheiten müssten klar gesagt werden. Es werde schwierig zu vermitteln, dass „Hartz IV noch nicht das Ende der Fahnenstange ist“.

Gute Voraussetzungen für einen erfolgreichen Bundestagswahlkampf sieht Linkssozialist Warnick. „Wir müssen unsere Alternativen noch viel deutlicher als zur Landtagswahl benennen“, so der Kleinmachnower. Nach einer Anti-Hartz-IV-Kampagne wurde die PDS im vergangenen September zweitstärkste Kraft in Brandenburg. Eine hektische Personaldebatte über mögliche Kandidaten werde es in der PDS nicht geben, so der Kleinmachnower. Schon seit Monaten sei man parteiintern über die turnusmäßige Bundestagswahl 2006 im Gespräch. Eigene Ambitionen für eine Direktkandidatur habe der ehemalige Bundesparlamentarier nicht.

Hans-Peter Goetz nennt dagegen für die FDP den Landeschef Heinz Lanfermann als sehr wahrscheinlichen Kandidaten für den hiesigen Wahlkreis. Auf die Ankündigung von Neuwahlen reagierte der Liberale gestern mit Sarkasmus: „Darauf hätten sie schon ’99 kommen sollen.“ Peter Könnicke/Volker Eckert