Potsdamer Neueste Nachrichten 21.05.05
An der Schleuse vorbei übers
Wasser
Nach zehn Jahren gibt es seit gestern wieder eine Verbindung über den
Teltowkanal zwischen Stahnsdorf und Kleinmachnow
Kleinmachnow/Stahnsdorf - „Kleinmachnow grüßt Stahnsdorf“, scherzten gestern
zwei Familien, als sie sich in der Mitte der neuen Schleusenbrücke trafen. Ein
Jahrzehnt konnten die Nachbarn diesen Gruß nur durch ein Rufen über den
Teltowkanal erwidern. Gestern reichten sie sich über dem Wasser die Hand. Und
ihre Bürgermeister, Wolfgang Blasig auf der Kleinmachnower Seite und Gerhard Enser
auf der Stahnsdorfer, beschworen diesen 20. Mai 2005 als „historischen Tag“.
Tatsächlich ist die gestern gefeierte Freigabe der Schleusenbrücke nicht nur
die Fertigstellung eines Bauwerkes, das 6,7 Millionen Euro kostete und an dem
26 Monate gearbeitet wurde. Durch den Brückenschlag rücken die beiden Orten in
Zeiten, in denen ihre regionale Verbundenheit im alltäglichen politischen
Diskurs propagiert wird, näher zusammen. Für Stahnsdorf, bislang einzige
Gemeinde des prosperierenden Dreierverbunds im Süden Berlins ohne direkten
Anschluss an die Hauptstadt, ist die Schleusenbrücke die Autobahnauffahrt via
Bundesmetropole. Es klang altvertraut als es gestern vor allem auf Stahnsdorfer
Seite hieß, man brauche nicht mehr „außen rum“, um nach Berlin zu gelangen.
„Sie ist ein wichtiger Eckstein im regionalen Verkehrskonzept“, betonte Enser.
Für die Schifffahrt ist die Brücke ein Vorgriff auf Zeiten, die
Bundesverkehrswegeplaner schon nach der Wende kühn voraussagten und die so
manch einer noch immer in weiter Ferne sieht: Die Brückenhöhe ermöglicht die
Durchfahrt großer Schiffe, wofür auch einmal die Kleinmachnower Schleuse
ausgebaut werden soll – jedoch nicht vor 2010, wie der Bund jetzt mit Verweis
auf seine leeren Kassen verkündete. Doch mahnte gestern die Bürgerinitiative
„pro Kanallandschaft“, die Zeit nicht nutzlos verstreichen zu lassen, sondern
neue Daten, Prognosen und Erkenntnisse für eine Neubewertung des Vorhabens zu
sammeln.
Neben all ihrer Bedeutung als
Verkehrsknotenpunkt und regionale Nahtstelle war die Schleusenbrücke – oder
besser ihr jahrelanger Bedeutungsverlust durch die Kollision eines Schiffes mit
einem Pfeiler vor allem eines: ein fehlendes Stück Selbstverständnis, ein Fleck
im Geschichtsbuch Kleinmachnows. Die alte Überführung als Bestandteil der unter
Denkmalschutz stehenden Schleuse, ziert das Wappen der Gemeinde, ist Motiv auf
historischen Postkarten und Identifikationsmerkmal der Alt-Kleinmachnower. Wer
innerhalb der vergangenen zehn Jahre in den Ort zog – das ist jeder zweite
heutige Kleinmachnower – kannte bislang das Gefühl nicht, an der Schleuse über
den Kanal zu fahren.
Das Nebeneinander von Schleuse und Brücke sei eine gelungene Symbiose zwischen
neu und alt, befand Berlins oberster Wasserstraßenbauer Hans-Jürgen Heymann.
Die Stützweiten der einzelnen Brückenfelder über die Mittel- und Südkammer der
Schleusenanlage sind dem Bestand angenähert. In Korrespondenz mit dem Material
der alten Schleuse wurden für die Widerlager und Kanalpfeiler rote Klinker als
Verblendmauerwerk eingesetzt. Die Überbauten und die Geländer wurden in
Anlehnung der Farbgestaltung der alten Schleusenbrücke in den Farben patinagrün
und blaugrün beschichtet.
Wie immer man die Brücke beschreibt – sie wird im Schatten der fast
100-jährigen Schleuse liegen und ihren verbindenden Zweck erfüllen. Peter Könnicke