Potsdamer Neueste Nachrichten 15.04.05
Vom Leben und Handel in der
Ortsmitte
Vor einem Jahr wurde der Rathausmarkt in Kleinmachnow eröffnet – ein Platz
mit Licht und Schatten
Kleinmachnow – Eine telefonische Auskunft von den Geschäftsleuten am
Kleinmachnower Rathausmarkt zu bekommen, ist mitunter gar nicht so leicht. „Ich
habe gerade Kundschaft“, heißt es entschuldigend in der Textilboutique. Im
Blumenhaus Schmidt muss man gleichfalls den günstigen Moment einer kundenfreien
Minute abpassen, um zu erfahren, wie die Bilanz nach einem Jahr
Geschäftstreiben in der neuen Ortsmitte ausfällt.
In der Rossmann-Filiale ist die stellvertretende Marktleiterin Katja Janichen
„richtig zufrieden“. Von der Entwicklung der Kundenströme und des Umsatzes sei
man positiv überrascht, „wir hatten mit weniger gerechnet“, gesteht sie. Ganz
so zufrieden ist Monika Braksch mit ihrem Teeladen zwar noch nicht, „aber der
Umsatz wird immer besser“. Es habe eine Weile gedauert, bis sich eine
Stammkundschaft entwickelt hat, meint Braksch. Friseurmeisterin Verena Andreß
hat es nicht bereut, hier ihren Salon eröffnet zu haben, ihr Geschäft läuft
besser als sie es erhofft hatte. Ebenso zufrieden ist Buchhändler Holger Mehlhardt
mit dem neuen Standort. Und vorm kleinen Ristorante „Salumeria“ wird bald die
Sitzgelegenheit um sechs Tische erweitert.
Kritisch schätzt Christina Jaroschowitz
des erste Jahr für ihren Mobilfunk-Laden ein: „Bis Ende Januar war es ein
harter Kampf“. Der Rathausmarkt habe sich in ihren Augen nicht als die noble
Geschäftsadresse erwiesen, als die sie von Immobilienmaklern angepriesen wurde.
„Die haben mit namhaften Gastronomen und vielen Verheißungen gelockt. Ihren
Erwartungen seien enttäuscht worden. Vor allem, dass es nach dem Aus des „Manzini“
bislang nicht gelungen ist, einen neuen Mieter für das Restaurant zu finden,
hält die Geschäftsfrau für ein großes Manko. Sie selbst mache ihre „Existenz am
Platz von der Zukunft des Restaurants abhängig“. Wie es heißt, gebe es bereits
einen neuen Mieter für die Gaststätte. Durchaus belebt hat das Geschäft, so Jaroschowitz
wie auch andere Händler, das vor einigen Wochen eröffnete Rathaus.
Die Vorzüge vom Leben am Rathausmarkt weiß Rolf Hoefer zu schätzen. „Sie können
mit dem Einkaufswagen aus dem Supermarkt in den Fahrstuhl rollen und von dort
direkt bis zum Kühlschrank“, meint er schelmisch. Hoefer wohnt im Adolf-Grimme-Ring
und legt Wert darauf, dass nur Leute ab 60 in die Wohnungen rings um
Rathausmarkt einziehen durften. „Altersgerechter Wohnraum ist das nämlich, man
musste sich dafür bewerben“, erzählt er. Dass nun seit Anfang des Jahres alle
52 Wohnungen durch die Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft vermietet sind, weiß
er auch. Vieles habe sich im Laufe des Jahres verbessert. Die Busverbindungen
seien jetzt optimal, denn seit in Teltow die S-Bahn rolle, fahren alle 20
Minuten Busse. Auch mit dem neuen Rathaus sind die Anwohner zufrieden, viele
freuen sich über die Bibliothek. Froh sind sie auch über das Ärztehaus, die
Apotheke und die Sparkasse. „Alles kurze Wege, nur eine Post fehlt hier noch“,
stellt Hoefer fest. Briefmarken gebe es zwar im Zeitungsladen, ebenso sei ein
Briefkasten da, aber wenn man mal ein Päckchen aufgeben wolle, müsse man mit
dem Rad oder Bus fahren.
Die meisten Mieter zogen bereits vor einem Jahr ein. Annekatrin Schulz-Schöllhammer
und ihr Mann gehören zu denen, die im vergangenen April als erste eingezogen
sind. Vom Balkon schaut sie direkt auf den Rathausmarkt und da kam ihr die Idee
eines Jazzkonzerts. Das wurde ein voller Erfolg, der auch die ansässigen
Gewerbetreibenden überzeugte und weitere Veranstaltungen folgen ließ.
Geschäftsfrau Braksch sind es noch zu wenigen Veranstaltungen auf dem
Marktplatz, auch wenn zur Ein-Jahresfeier am 23. April ein Marktfest, ein
Herbst- und ein Weihnachtsmarkt geplant sind. Doch animiert Geschäftsnachbarin Jaroschowitz,
sich nicht nur auf externes Eventmarketing zu verlassen, sondern als
Händlerfamilie selbst zur Vitalität auf dem Platz beizutragen.
Ein Thema erhitzt die Gemüter von Mietern und Gewerbetreibenden gleichermaßen:
die Skater. „Die Bretter knallen oft so laut, dass ich das sogar in der 3.
Etage bei geschlossenen Fenstern höre“, ärgert sich eine Mieterin. Ein weiteres
Ärgernis ist der Badebetrieb am Brunnen. Wenn die Temperaturen klettern, ist
wieder „Badesaison“, befürchten nicht wenige, weshalb es schon zu dem Vorschlag
kam, das Wasser zu färben. In Italien sei das eine bewährte Methode, um Badende
von öffentlichen Brunnen fern zu halten. Wiederholt hat Annekatrin Schulz-Schöllhammer
jüngst vor dem Gemeindeparlament strengere Ordnungskontrollen gefordert.
Bürgermeister Wolfgang Blasig ließ wenig Ehrgeiz erkennen, mit viel
Vorschriften das Leben auf dem Markt zu regulieren: „Er wird nun mal als
öffentlicher Platz wahrgenommen, auf dem mehr Leben ist als in den
introvertierten Winkeln des Ortes.
Peter Könnicke/Kirsten Graulich