Potsdamer Neueste Nachrichten 13.04.05
Visionen für die Kammerspiele
Trägerverein präsentierte im Kulturausschuss programmatisches Konzept für
die Traditionsstätte
Kleinmachnow - Jahre galten sie als das Herz der Kleinmachnower Kultur: die
Kammerspiele. Inzwischen schlägt der Puls an der Karl-Marx-Straße schwach, als
alleiniger Regisseur hat Karl-Heinz Bornemann als Eigentümer des Hauses Mühe,
den Betrieb am Leben zu halten. Nun wagen sich mit dem im Vorjahr gegründeten
Trägerverein Kleinmachnower und Berliner heran, das Haus zu reanimieren.
Trotz des hohen Sanierungsbedarfs der inzwischen auf der brandenburgischen
Denkmalliste stehenden Kammerspiele und dem offenen Ausgang der Gespräche mit
Eigentümer Bornemann sind sie für Ina Schott der „ideale Ort“, um die Visionen
des Trägervereins umzusetzen. Als künstlerische Leiterin des Vereins stellte
sie am Montagabend im Kulturausschuss das Konzept vor, um das Kulturhaus
„professionell zu beleben“ und zu profilieren. Neben Kino mit einem bewusst
ausgewählten Programm für verschiedene Besucherkreise, Ausstellungen,
Konzerten, Theateraufführungen und Gastronomie sollen neue Inhalte dem Haus
eine prägende Note geben und über den Ort hinaus wirken. Dazu zählen
Theatergastspiele, Filmtage, Festivals, eigene Produktionen, Tagungen und
Diskussionen. „Wir wollen ein in der Gemeinde verankertes, von den Bürgern
genutztes Kulturhaus mit punktuell überregionaler Ausstrahlung“, so Schott, die
als Dramaturgin und Produktionsleiterin für freie Kulturprojekte arbeitete.
Ziel ist es, die Kammerspiele nicht
wieder in ein kommunales Kulturhaus umzuwandeln, sondern es zum Erfolgsmodell
einer private-public-partnership zu machen, das vom bürgerschaftlichen
Engagement, Ehrenamt, professionellem Personal und Kulturförderern getragen
wird. „Das wir Bürger uns in unserem eigenen Interesse für die Notwendigkeit
von Kultur, Kunst und deren Überleben im lokalen Kontext engagieren, ist
unabdingbar geworden“, sagt Schott.
Unterstützer gibt es bereits mit dem Förderverein „Freunde der Kammerspiele“
mit seinen mehr als 100 Mitgliedern. Bei der Umsetzung des inhaltlichen
Konzeptes verweist Schott auf Partner aus Berlin und Potsdam. So habe die
Betreiberin des Zehlendorfer Bali-Kinos, Helgard Gammert, „großes Interesse“,
bei der Programmgestaltung des Kinos in den Kammerspielen zu helfen. Auch das
Potsdamer Hans Otto Theater ist an Kooperationen und Gastspielen interessiert.
Einen ersten Beleg des Zusammenwirkens soll es am 8. Mai geben: Unter der Regie
des Trägervereins soll es eine Aufführung von Hans Magnus Enzensbergers
„Untergang der Titanic“ mit Berliner Künstlern geben, wobei die Techniker des
Potsdamer Theaters bei der Beleuchtung helfen. Ort der Aufführung ist die
Kleinmachnower Gedenkstätte für Nordal Grieg am Teltowkanal, wo der
norwegischer Flieger im zweiten Weltkrieg abgeschossen wurde. Wirkliche
Premiere soll das Stück Ende Mai in den Kammerspielen feiern.
Doch ist es vor allem das lokale Potenzial an Künstlern, dem in den
Kammerspielen eine Bühne bereitet werden soll. „Kleinmachnow ist
überdurchschnittlich gesegnet mit begabten Menschen“, schwärmt Schott, die in
Zehlendorf zu Hause ist. „Wir wollen eine Atmosphäre schaffen, in der es Spaß
macht, sich zu präsentieren.“
Das bislang erarbeitete Konzept beschreibt die Organisation des Betriebes mit
dem erforderlichen Personal, listet die programmatischen Inhalte auf und nimmt
Bezug die Finanzierung. Geld kostet die dringend notwendige Sanierung des
Hauses und dessen Betrieb. Bei einer Entlastung durch Instandhaltung und
Sicherung der Immobilie wäre der Trägerverein in der Lage, ein
Sanierungskonzept und die entsprechende Finanzierung zu erstellen und auf den
Weg zu bringen sowie den Betrieb des Kulturhauses kostendeckend zu sichern.
Dabei ist der Initiative der enorme Kostenaufwand bewusst. Bei einer Begehung
des Hauses in der Vorwoche wurde ein früheres Gutachten bestätigt, das dem Haus
einen hohen Sanierungsbedarf attestiert. Zudem haben Wirtschaftsexperten des
Technologiezentrums Teltow dem Vereinsvorstand eine strenge Kalkulation
auferlegt, in dem die Betreiberkosten definiert sind. So werden neben eigenen
Einnahmen Mittel aus Projektförderungen, Landeszuschüsse, Sponsorengeld,
Spenden und Bürgschaften für einen Bankkredit benötigt.
Während im Kulturausschuss die Vorstellung des Trägervereins mit Wohlwollen
aufgenommen wurde, bleibt die wichtigste Frage: Wie steht Eigentümer Bornemann
dem Anliegen gegenüber? „Nach wie vor skeptisch“, meinte er gestern gegenüber
den PNN. Noch ist es dem Trägerverein nicht gelungen, ihn von den Plänen und
Durchhaltevermögen zu überzeugen. „Ich bin schon zu oft enttäuscht wurden“,
gibt sich Bornemann vorsichtig. Gleichwohl sei er gesprächsbereit: „Wenn sich
eine vernünftige Lösung anbietet, die für mich tragbar ist, werde ich ihr zustimmen.“
Er könne sich einen zeitlich fixierten Pachtvertrag vorstellen, in dem sich der
Trägerverein beweisen könne. Peter Könnicke