Potsdamer Neueste Nachrichten 19.03.05
Die Angst am Dorfplatz vor dem
Verkehr
Die Öffnung der Schleusenbrücke könnte in Stahnsdorf neue Verkehrsflüsse
bringen. Jetzt hat sich eine Bürgerinitiative gegründet
Von Volker Eckert
Stahnsdorf - Noch ein paar Wochen, dann wird endlich die Schleusenbrücke wieder
geöffnet. Viele Stahnsdorfer werden sich freuen, endlich schneller auf die
Autobahn nach Berlin zu kommen: vom Grashüpferviertel über die Sputendorfer
Straße und den Dorfplatz zur Wannseestraße, so könnte die schnellste Route für
viele Pendler aussehen. Rund um den Dorfplatz machen sich viele Anwohner
deshalb schon Sorgen. Jetzt hat sich eine Bürgerinitiative gegründet.
Sprecher der Bürgerinitiative Ortskern
Stahnsdorf (BIOKS) ist Christof Lechner, der selber in der Kirchstraße wohnt.
Er spricht von Befürchtungen der Anwohner, dass der Autoverkehr mit der
Brückenöffnung „massiv zunehmen wird“ zu Lasten nicht zuletzt von Krughof- und
Kirchstraße, die eigentlich als Anliegerstraßen ausgewiesen sind. Auf dieses
nahende Problem hätten Anwohner schon mehr als einmal hingewiesen, sagt
Lechner. Unternommen habe die Gemeinde bislang nichts.
Deshalb hat Lechner vor kurzem einen Brief an den Bauausschuss aufgesetzt und
die Vorstellungen der BIOKS, die im Kern aus sieben bis acht Familien und einer
größeren Zahl von Unterstützern besteht, dargelegt. Das Konzept sieht vor, dass
man den Platz nur über die östliche Wilhelm-Külz-Straße erreichen kann.
Krughof- und Kirchstraße, die Verbindungen zur Lindenstraße, würden als
Einbahnstraßen ausgewiesen in Richtung weg vom Dorfplatz.
Der BIOKS geht es aber nach eigener Aussage nicht nur um Verkehrsentlastung,
sondern auch um eine Aufwertung des Ortskerns als historisches Zentrum.
BIOKS-Mitglied Bettina Schmidt-Faber, zugleich Ortschefin der Grünen, würde
gern mehr öffentliches Leben auf den Platz bringen. Ein Vorschlag: die
verfallende Villa Heinecke, deren Besitzer verkaufen möchte, kulturell zu
nutzen, zum Beispiel als Seniorenzentrum. Mangelndes Geld will sie als Argument
nicht gelten lassen: „Das ist keine Frage des Geldes, sondern des Willens.“
Auch einen Wochenmarkt kann sich Schmidt-Faber ganz gut vorstellen, weitere
Feste neben Weihnachts- und Sommerfest. Mehr Lenkung wünscht sie sich dagegen
bei Ansiedlung von Gewerben: Manche Firmen brächten zum Beispiel erheblichen
Lastverkehr in das Wohngebiet. Deshalb müsse man im Einzelfall fragen, ob sie
dort hinpassen.
Bürgermeister Gerhard Enser weist den Vorwurf der Untätigkeit zurück, mit dem
Thema beschäftige sich die Verwaltung seit Jahren. Allerdings sieht er um den
Dorfplatz verschiedene Interessen aufeinander prallen, etwa von Anwohnern und
Gewerbe. Vielen neu Hinzugezogenen habe zudem bekannt sein müssen, dass die
Schleusenbrücke irgendwann geöffnet werde – mit den verkehrlichen Konsequenzen.
Zurzeit macht die Gemeinde eine Verkehrszählung, um nach der Öffnung der Brücke
– voraussichtlich Anfang Mai – sehen zu können, inwieweit der Verkehr zunimmt.
Das Problem sieht Enser aber nicht vorrangig in der Öffnung der Brücke. Das
Land müsse endlich seinen Zusagen nachkommen und die Landstraßen 40 und 77
ausbauen, inklusive dem Kreisverkehr am Stahnsdorfer Hof. Dadurch würde sich
dann auch der Verkehr um den Dorfplatz entspannen.
Vorsichtig äußert sich Dietmar Otto, Vorsitzender von SPD-Fraktion in der
Gemeindevertretung und Bauausschuss. Er spricht zwar von „interessanten
Überlegungen“ der Anwohner. Die Zugänglichkeit des Dorfplatzes müsse aber
gewahrt bleiben. Die Idee mit der Heinecke-Villa muss nach Ottos Ansicht erst
einmal genauer geprüft werden. Die Gemeinde habe auch noch die Neubauten von
Turnhalle und CLAB zu schultern.