Potsdamer Neueste Nachrichten 12.03.05
"Kein angemessenes Krisenmanagment"
Debatte in Gemeindevertretung über 8. Mai und Äußerungen von CDU-Politiker
Kleinmachnow - Mit einer teilweise heftig geführten Debatte hat sich die
Kleinmachnower Gemeindevertretung am Donnerstag mit den Äußerungen des
CDU-Abgeordneten Fred Weigert beschäftigt, der in einem Brief an den
Heimatverein im Zusammenhang mit dem 8. Mai nicht von Befreiung oder
Kriegsende, sondern von Eroberung durch „Stalins rote Horden“ sprach (PNN
berichteten).
Die PDS-Fraktion attackierte Weigert als „Rechtsextremen“, reagierte mit
plakativen Sätzen wie „Nazis raus aus den Köpfen“ und forderte ihn auf, sein
Mandat als Gemeindevertreter niederzulegen. Kleinmachnow sei nun aufgefordert,
den „Tag der Befreiung würdig zu begehen“. Der Ruf des Ortes dürfe nicht allein
„auf den Äußerungen Weigerts beruhen“, so PDS-Vertreter Wolfgang Kreemke.
SPD-Fraktionschef Bernd Bültermann nannte es „schade, dass Kleinmachnow frei zu
sein scheint, für jede Form der Geschichtsinterpretation“. PRO-Abgeordnete
Viktoria Brammer erwartet eine Distanzierung der CDU-Fraktion von Weigerts
Wortwahl.
Der SPD-Landtagsabgeordnete und
Gemeindevertreter Jens Klocksin warnte dagegen, „eine Skandalisierung zu
schaffen und eine Situation, die es noch schwerer macht, mit dem sensiblem
Thema des 8. Mai umzugehen“. Er lehne jede Form eines Tribunals ab und
verhehlte nicht – ebenso wie sein SPD-Genosse Walter Haase –, dass er Weigert
als Kollegen in den Fachausschüssen des Ortsparlamentes äußerst schätzen gelernt
habe. Gleichwohl missbillige Klocksin „aufs Schärfste“ die Äußerungen des
CDU-Politikers. In der Auseinandersetzung, die geführt werden müsse, legte Klocksin
allen Verhältnismäßigkeit nahe – „auch der PDS“, wie er betonte.
Für den WIR-Abgeordneten John Banhart ist der 8. Mai ein Tag der Befreiung, da
gebe es „kein Vertun“. Doch er billige Weigert das Recht zu, eine andere
Meinung zu vertreten.
Die CDU-Fraktion und Weigert selbst äußerten sich nicht. Fraktionschef Ludwig Burkardt
verwahrte sich lediglich gegen „einseitige Beschimpfungen bezüglich einer
politischen Meinung“. Ohnehin hatte die CDU Polemik und politisches Sperrfeuer
befürchtet, so dass sie dem gemeinsam von PDS und SPD getragenen Antrag für
eine Aussprache ablehnte, wie die Gemeinde mit dem 8. Mai als Tag des Gedenkens
umgehen will. Auch Hubert Faensen (UBK/WIR) hatte davor gewarnt, dass „mit
Polemik der Sache wenig gedient ist“. Er warb dafür, dass die Vorsitzenden
aller Fraktionen eine Entschließung und ein Programm entwerfen sollten, wie Kleinmachnow
den 60. Jahrestag begehen soll. Ähnlich der Sozialdemokrat Walter Haase, der
vorschlug, man solle sich auf einen Symposium mit den unterschiedlichen
Wertungen des 8. Mai 1945 als Tag der Befreiung und des Kriegsendes
beschäftigen.
Bürgermeister Wolfgang Blasig (SPD) bedauerte, dass „heute Abend kein
angemessenes Krisenmanagment zu erleben war“. Er bat ausdrücklich alle
Fraktionen, mit ihm ins Gespräch zu kommen, wie der 8. Mai in der Gemeinde
begangen werden soll. Blasig war sich nicht sicher, ob ein Symposium die
richtige Form sei, „oder wir uns daran verheben“. Doch „die Diskussion hat
begonnen, wir sollten sie auch fortführen.“
Blasig wolle nicht glauben, dass die Gräben in Kleinmachnow, die sich währen
der Debatte am Donnerstag aufzeigten, tatsächlich bestehen. Ansonsten habe er
„große Sorge, wie wir künftig miteinander arbeiten sollen“. Peter Könnicke