Potsdamer Neueste Nachrichten 25.02.05
Dramatischer Mangel an Hortplätzen
Fehlende Kapazitäten für
100 Kinder / Schon seit Jahren verstößt Kommune gegen gesetzliche Pflicht
Kleinmachnow - Erschrockene Gesichter am Mittwoch im Kleinmachnower
Sozialausschuss: Etwa 100 Hortplätze fehlen in der Kommune, um die
Nachmittagsbetreuung der Schulkinder zu sichern. Während an der
Steinweg-Grundschule die Kapazitäten genau ausreichen, stehen an der
Eigenherd-Schule 172 Plätze für 270 Kinder zur Verfügung. Bereits im
Kita-Werksausschuss gingen bei den Gemeindevertretern am Dienstag die
Alarmglocken an, als die Zahlen auf den Tisch kamen. Nun soll Bürgermeister
Wolfgang Blasig (SPD) bis zum 9. März einen Plan vorlegen, wo und wie
kurzfristig Plätze geschaffen werden können.
„Wir haben alle gepennt“, übte der SPD-Sachkundige Frank Nägele im
Sozialausschuss sofort Selbstkritik. Man habe lange über mehr Grundschulplätze
gestritten, aber die Hortsituation völlig vernachlässigt. Nicht alle waren im
Tiefschlaf, korrigierte Ausschusschef Guido Beermann. Denn das Ringen um eine
dritte Grundschule, die nun auf dem Seeberg errichtet wird, beinhaltete die
Absicht, neben den beiden bestehenden Grundschulen auch deren Horte zu
entlasten. Und John Banhart erinnerte daran, dass nach wiederholtem Fordern
einer Tagesbetreuungskonzeption seiner WIR-Kollegin Scheib sowie der
SPD-Vertreterin Barthels und des ehemaligen PDS-Abgeordneten Singer es
Bürgermeister Blasig war, der im vergangenen April das Thema zur „Chefsache“
erklärte.
Gut daran erinnern kann sich auch Susanne Feser, Leiterin des gemeindlichen
Kita-Verbundes. Für die Chefin des Eigenbetriebes kommt die Situation
keineswegs überraschend. „Seit 2001 haben wir mehr Kinder als Hortplätze,“
sagte sie gestern den PNN. Der Mangel führt dazu, dass der Kita-Verbund seit
drei Jahren gegen die Gesetzeslage verstößt, wonach jedes Kind einen
rechtlichen Anspruch auf einen Hortplatz hat. In Kleinmachnow besuchen jedoch
nur Kinder den Hort, wenn beide Eltern berufstätig oder in Ausbildung sind.
Zudem ist Feser gezwungen, für den Eigenherd-Hort nur einjährige
Betreuungsverträge abzuschließen, obwohl diese in der Regel unbefristet sind.
Grund: Im vergangenen Jahr wurden dem Hort im Erdgeschoss der Schule Räume zur
Verfügung gestellt. Unklar ist, ob diese Regelung auch für das kommende
Schuljahr gilt, zumal das Haus ab August deutlich über 600 Schüler haben wird
und mehr Unterrichtskapazität benötigt. „Nun wollen die Eltern wissen, ob ihr
Betreuungsvertrag verlängert wird“, so Feser.
Unbekannt könne die Problematik weder in den Amtsstuben noch in der Politik
sein, betont Feser. Die Gemeindevertreter selbst haben vor anderthalb Jahren
eine Tagesbetreuungsplanung bei der Verwaltungs in Auftrag gegeben. Auch Feser
habe immer wieder exakte Zahlen beim zuständigen Fachbereich angemahnt. Dass
der Kitaverbund „sträflich von der Verwaltung vernachlässigt wurde“, ist für
Gemeindevertreterin Nina Hille gar eine „Missbilligung wert“.
Für seine Suche nach neuen Hortplätzen gab der Werksausschuss dem Bürgermeister
einige Anregungen mit auf den Weg. So solle er prüfen, ob der „Erbschenken“,
das ehemalige Gasthaus am Zehlendorfer Damm in Betracht kommt. Allerdings ist
bereits vor vier Jahren diese Option untersucht und als untauglich verworfen
worden.
Die UBK/WIR-Fraktion plädiert dafür, die Grundschule auf dem Seeberg im August
gleich drei- statt zweizügig zu eröffnen und somit mehr Hortplätze zu schaffen.
Für seine CDU-Fraktion wertete dies Guido Beermann als „interessanten
Vorschlag“. Aus Sicht des Kita-Verbundes „wäre es wünschenswert“, mehr Plätze
auf dem Seeberg zu schaffen, so Feser. Peter Könnicke