Potsdamer Neueste Nachrichten 10.02.05
S-Bahn auf der Stammbahn-Trasse
Berliner CDU: Kleinmachnow und auch Stahnsdorf ans Schienennetz anbinden
Kleinmachnow - Von Kleinmachnow nach Berlin fährt man heute wie
selbstverständlich über jene Wege, wie man sie vor dem Bau der Mauer nutzte –
mit dem Auto wohl gemerkt.
Bei einer Verbindung über Schienen ist noch nicht einmal der Vorkriegsstand
erreicht. Damals fuhr die Stammbahn, die erste preußische Eisenbahn, von
Potsdam nach Berlin und machte für die Kleinmachnower Halt in Düppel. Seit 1990
wurde mal mehr, mal weniger heftig der Wiederaufbau der Strecke diskutiert. Es
formierten sich Bürgerinitiativen dafür und Protestgruppen dagegen. Es gab in
Berlin wie auch in Brandenburg präsidiale Lippenbekenntnisse für die Stammbahn,
die Deutsche Bahn rechnete, wie wirtschaftlich die Wiederinbetriebnahme wäre
und beim Ausbau des Lehrter Bahnhofs zum zentralen Schienenkreuz Berlins ist
vorsorglich für 25 Millionen Euro ein Vorhaltebau errichtet worden für den
Fall, dass einmal die Stammbahn einfährt.
Heute, 15 Jahre später, sieht sich
Alexander Kaczmarek einmal im Kreis gedreht. „Wir sind zum Punkt der
politischen Grundsatzdebatte zurückgekehrt“, meint der verkehrspolitische
Sprecher der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus. „Ist die Stammbahn die
beste Lösung?“, zitierte Kaczmarek auch am Dienstag in Kleinmachnow die
ursprüngliche Frage. Und zum Erstaunen vieler der gut 100 Besucher, die der
CDU-Einladung ins Sportforum gefolgt waren, präsentierte er eine Antwort, die
Bewegung in die fest gefahrene Geschichte bringen könnte. Statt des teuren
Wiederaufbaus der alten Stammbahnstrecke als Regionalverbindung könnte eine
S-Bahntrasse gebaut werden. Sie würde an das vorhandene Netz in Zehlendorf
anschließen, weiter auf der alten Stammbahnlinie bis Düppel führen, in
Dreilinden den Europark anbinden und schließlich auf die Trasse der ehemaligen
Friedhofsbahn münden und bis Stahnsdorf führen.
Statt der kompletten, 200 Millionen Euro teuren Stammbahn-Trasse müsste nur ein
Drittel des Weges gebaut werden, 140 Millionen Euro weniger müssten investiert
werden. Kleinmachnow würde zwar nicht zentral angebunden, aber Stahnsdorf
gleich mit erschlossen. Zudem würden die südlichen Wohngebiete Zehlendorfs, die
nach dem Abzug der Alliierten starken Zuzug erfahren haben, mit Düppel einen
S-Bahnanschluss erhalten.
„In Berlin“, so Kaczmarek gegenüber den PNN, „ist die Variante in der
Diskussion, in Parlament und Senat.“ In Kleinmachnow sogen die Christdemokraten
die Überlegungen ihrer Berliner Parteifreunde interessiert auf. „Man sollte
diese Vision fixieren“, spornte CDU-Ortschef Maximilian Tauscher an. Als eine
„mögliche Lösung“ begrüßte CDU-Fraktionschef Ludwig Burkardt die
S-Bahn-Variante. Neidlos bescheinigte die Bündnigsgrüne Barbara Sahlmann den
Berliner Christdemokraten eine „gute Idee“. Auch der Kleinmachnower
SPD-Landtagsabgeordnete Jens Klocksin, seit sechs Jahren Kleinmachnower und
Streiter für die Stammbahn, hält den S-Bahn-Gedanken „nicht für den
schlechtesten“. In 15 Jahren sei der entscheidende Durchbruch nicht gelungen.
Zwar nickt man im Berliner Senat und im Brandenburger Kabinett eifrig mit dem
Kopf, wenn die Frage nach der Stammbahn fällt, mit dem Fingerzeig auf den
Kassenstand der Länder folgt jedoch sofort die Einschränkung: Aber nicht vor 2012.
„Schritt für Schritt sollte man daher den Zug ins Rollen bringen, dabei wäre
eine S-Bahn „eine kleine, aber feine Schienenverbindung“, so der
verkehrspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion.
Die S-Bahn, das wurde am Dienstagabend deutlich, wird die Stammbahn nicht
ersetzen und den Ruf nach ihrem tatsächlichen Wiederaufbau nicht unterdrücken.
„Es ist wichtig, in der Region eine Regionalbahn zu haben“, so das Plädoyer von
Hubertus Bösken von der Bürgerinitiative Stammbahn. Zumindest mit dieser Forderung
ist ein alter Zustand wieder erreicht: Schon in den 20er Jahren titelte eine
Berliner Zeitung: „8000 Siedler in Kleinmachnow warten auf Schienenanschluss!“ Peter
Könnicke