Potsdamer Neueste Nachrichten 05.02.05
Der Teltowkanal brachte die
Industrieära
Kleinmachnower Ausstellung öffnet am 20. Februar im alten
Rathaus/Dauerdomizil gesucht
Kleinmachnow - In die einstige Bürgermeisterei am Meiereifeld ist neues Leben
eingezogen. Das Mitte Dezember von der Gemeindeverwaltung geräumte Gebäude ist
nun für einige Monate Heimstadt der Industrieausstellung „100 Jahre Teltowkanal
und Industriegebiet Teltow, Kleinmachnow, Stahnsdorf“ und bietet eine
dokumentenreiche, interessante Wanderung durch die Entwicklungsgeschichte der
Region. Sie ist ein Meilenstein zu dem schon lange geplanten Museum, das
möglicherweise einmal auf dem Schwimmbad-Komplex in Kleinmachnow seinen Platz
finden wird.
Die Ausstellung wird am 18. Februar offiziell eröffnet, am 20. Februar von 14
bis 18 Uhr bekommt erstmals für die Öffentlichkeit Zugang. „Wir wollen keine
Nostalgie bewahren, sondern etwas Lebendiges schaffen, für die Jugend, für die
Zugezogenen, aber natürlich auch für die Älteren, die den
Hochtechnologie-Standort mitgestaltet haben", beschrieb Lothar Starke,
einst Betriebsdirektor der Geräte- und Reglerwerke, gestern bei einer
Medienführung das Anliegen der Ausstellung.
Sie ist ein Gemeinschaftswerk des
Fördervereins Industriemuseum, der Heimatvereine Teltow und Kleinmachnow und
der Gemeinnützigen Beschäftigungsgesellschaft Teltow, die ein ABM-Projekt mit
sechs Ingenieuren aufgelegt hatte. Sie haben ein halbes Jahr lang Forschungen
betrieben, sie waren für die Schautafeln zuständig, sie trafen die Auswahl
unter den vielen technischen Erinnerungsstücken und haben die Räume renoviert.
„Ab Mitte Januar waren hier täglich bis zu 15 Leute am Werke“, beschreibt
Teamchef Erich Burmeister das Arbeitspensum.
Die Eröffnung des Teltowkanals machte die Industrieansiedlung erst möglich.
Mitgewirkt hat dabei das 1906 errichtete Kraftwerk Schönow, das für die
Elektro-Energie sorgte. 1909 kam die Porzellanfabrik, 1923 siedelte sich Askania
an. Es folgten Asbestwerke, die Betriebe von Heinrich List und Dr. Hell,
Flugzeugwerke und Biomalz. Manches ist geblieben oder hat sich verändert wie
der Gebäudekomplex der Parfümfabrik an der Elbestraße, der sich zur Lavendel-
Senioren-Residenz gewandelt hat. Vieles gibt es nicht mehr, aber es soll nichts
vergessen werden, was im Verlaufe der Zeit für die Region von Bedeutung war.
Die Entwicklungswege durch die politischen Verhältnisse führten zu solchen
Großbetrieben wie dem Carl-von-Ossietzky-Werk, dem Gleichrichterwerk
Stahnsdorf, und dem GRW, das einmal 12000 Mitarbeiter zählte und
Lieferbeziehungen mit 33 Ländern unterhielt. Es war schon 1954 bei der
Nautik-Messe in Paris dabei und wegen seiner führenden Stellung bei der
Anlagenautomatisierung kursierte zu DRR- Zeiten der Spruch „Ohne GRW läuft
nichts“. Die Ausstellung bietet neben den Info-Tafeln eine Fülle von
historischen Fotos, Landschaftsaufnahmen, Exponaten aus der Industrieproduktion
und Werkzeuge. Vom CvO-Werk kam eine Büste seines Namensgebers, des
Nobelpreisträgers Carl von Ossietzky, und es finden sich Plattenspieler und
Tabakschneidemaschinen, die einst als Konsumgüter hergestellt wurden. Auch die
Wendezeit mit dem Einstieg von Siemens und anderen Unternehmen hat ihren
entsprechenden Platz. Aus den Großbetrieben wurden zunächst viele kleine
Unternehmen, die inzwischen auch Geschichte sind. Ebenso die 18
Beschäftigungsgesellschaften.
Besucher der Ausstellung finden bei den kostenlosen Rundgängen fachliche
Beratung, Schulklassen können sich zu gesonderten Führungen außerhalb der
Öffnungszeiten anmelden. Die Hoffnung bleibt, dass aus der Ausstellung ein
dauerhaftes Museum wird. Notwendig ist dafür, dass aus dem jetzigen
Förderverein ein richtiger Verein mit einem gewählten Vorstand wird. Georg Jopke