Potsdamer Neueste Nachrichten 14.01.05

Friedhofsbahn: Kirche zieht vor Gericht

Verbindung von Stahnsdorf nach Wannsee eingeklagt / Alternativ will sie Schadenersatz

Stahnsdorf - Der Streit zwischen der Kirche und der Deutschen Bahn AG um die Wiedererrichtung der Friedhofsbahn spitzt sich zu. Wie PNN jetzt erfuhren, hat die Kirche vor dem Berliner Landgericht Klage eingereicht. Darin verlangt sie, dass die Bahn die von 1909 bis zum Mauerbau betriebene Strecke zwischen Stahnsdorf und S-Bahnhof Wannsee wiederherstellt und betreibt.

Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg beruft sich bei der seit langem erhobenen Forderung vor allem auf einen Vertrag zum Bau der Strecke, den die Berliner Stadtsynode vor 95 Jahren mit der Preußischen Staatseisenbahn abschloss. Die Kirche hatte damals große Flächen aus ihrem Besitz hergegeben und die Baukosten in Höhe von 1,28 Millionen Reichsmark getragen. Die Bahn verpflichtete sich im Gegenzug, die Strecke zu betreiben und instandzuhalten.

Ersatzweise verlangt die Kirche Grundstücke zurück, die sich auf der Gemarkung von Kleinmachnow, Stahnsdorf und Berlin befinden, zurück beziehungsweise Schadenersatz nach dem Ermessen des Gerichts, mindestens aber in Höhe von 1 Million Euro.

Die Bahn hatte bisher argumentiert, die Ansprüche der Kirche aus dem Vertrag seien inzwischen verjährt. Dagegen spricht Rechtsanwalt Florian Lewens vom Büro Lieber und Co., das die Kirche in der Sache vertritt, von einem „Dauerschuldverhältnis, das noch in Kraft ist“. Lewens verweist zudem darauf, dass die Bahn die Flächen nie umgewidmet habe.

Trotzdem hat die Bahn schon Flächen verkauft, auf denen sich drei ehemaligen Dienstwohnungen für den Stahnsdorfer S-Bahnhof befanden verkauft. Direkt gegenüber vom Haupteingang des Südwestkirchhofs ist inzwischen eine kleine Wohnsiedlung entstanden. Bahn-Sprecher Burkhard Ahlert vermochte gestern dazu keine Stellungnahme abzugeben. Auch dem schwebenden Verfahren, von dem er durch die PNN erfuhr, wolle er „nicht vorgreifen“. Das müsse das Gericht klären.

Allerdings sei die Bahn allein ohnehin nicht handlungsfähig, betonte Ahlert. Schließlich sei man auf eine Entscheidung des Landes Brandenburg angewiesen, von dem auch ein Teil des Geldes kommen müsse. Aus dem Verkehrsministerium heißt es dazu nur: „Wir sind an diesem Gerichtsverfahren nicht beteiligt.“ Anwalt Lewens kommentiert das so: „Die schieben sich seit Jahren gegenseitig die Verantwortung zu. Da beißt sich irgendwann die Katze in den Schwanz.“

Stahnsdorfs Bürgermeister Gerhard Enser sagte gestern, die Gemeinde stehe hinter der Kirche: „Der Ringschluss der S-Bahn von Teltow über Stahnsdorf nach Wannsee bleibt unser Ziel.“ Die Wiederherstellung der Friedhofsbahn sei nicht nur im Interesse des Südwestkirchhofs als Friedhof. Man müsse diesen auch als Naherholungsziel betrachten. Von dort könnten die Berliner dann über Radwege die Parforceheide erreichen. Außerdem könne der Europarc Dreilinden an das S-Bahnnetz angeschlossen werden. Dort hat die Friedhofsbahn bis 1961 ebenfalls gehalten. Volker Eckert