Potsdamer Neueste Nachrichten 13.01.05
Kein Baurecht am Mauerstreifen?
Für die geteilten Grundstücke am Kleinmachnower Wolfswerder zeichnet sich
ein neuer Weg ab
Kleinmachnow - Kann die Gemeinde Kleinmachnow DDR-Unrecht wieder gut machen?
PDS-Gemeindevertreter Klaus-Jürgen Warnick würde zwar nicht so weit gehen. Aber
man müsse ja nicht noch neues Unrecht hinzufügen. Nutznießer wären in dem Fall
die Anlieger der Straße Wolfswerder gleich am ehemaligen Mauerstreifen. Ihnen
soll nach Ansicht von Warnick „nicht noch einmal Unrecht zugefügt werden.“
Die Vorgeschichte: 1962 wurden die Besitzer teilweise enteignet, als die Mauer
gebaut wurde. Nach der Wende meldete dann die Jewish Claims Conference (JCC)
Ansprüche an, weil der jüdische Bankier Ullrich Mühemann 1935 unter dem Druck
der Nazis über 7000 Quadratmeter Boden verloren hatte. Im
Rückübertragungsverfahren verloren die Anwohner den hinteren Teil ihrer
Grundstücke erneut, der Grünstreifen ging an die JCC, die ihre Ansprüche später
an den Immobilienentwickler Christian Meyer abtrat. Meyer will auf dem
Grünstreifen in der zweiten Reihe ein Haus bauen. Dagegen hat aber nun Anwohner
Peter Klassen protestiert. Für ihn verlöre sein Grundstück dadurch an Wert.
Wenn Meyer baut, verkaufe er, sagt Klassen.
Zuletzt hatten sich zwei mögliche
Varianten herauskristallisiert. Auf der Suche nach Alternativen war der
Vorschlag aufgekommen, Meyers Bauvorhaben Richtung Westen zu verschieben, um
Peter Klassen zu entlasten. Doch nun hat sich in der jüngsten Sitzung des
Hauptausschusses eine dritte Variante ergeben. Aufs Tapet gebracht hat sie
Bernd Krüger von der CDU, als er fragte: „Wer zwingt uns überhaupt dazu, hier
Baurecht einzuräumen?“
Den Gedanken machte sich Klaus-Jürgen Warnick sofort zu eigen: „Den Eigentümern
ist zweimal Unrecht zugefügt worden: durch Enteignung vor 40 Jahren und
Nichtrückgabe nach der Wende.“ Die Gemeinde könne das zwar nicht
wiedergutmachen. Aber doch im Rahmen ihrer Möglichkeiten die Interessen ihrer
Bürger wahrnehmen. „Wenn Meyer gegen die Entscheidung klagt, müssen wir das
aushalten.“
Für Michael Scharp von der SPD steht der Erhalt des Grünzugs im Vordergrund,
wie er gegenüber den PNN sagte. Er sprach von einer „sympathischen Variante“.
So argumentiert auch Nina Hille, Fraktionsvorsitzende der Grünen: „Einem
Anwohner eine Härte zuzumuten hätte ich akzeptabel gefunden.“ Wichtiger sei
aber, das Gemeinwohl zu bedenken. Deshalb sei sie für den Erhalt des Grünzugs.
John Banhart von der UBK/WIR äußert sich dagegen zurückhaltender zu den neuen
Plänen. Zwar sieht auch er ein erhebliches öffentliches Interesse daran,
Eingriffe in die Landschaft zu vermeiden. Er habe aber ein kleines Problem
damit, Peter Klassen entgegenzukommen, der sich zu spät um sein Anliegen
gekümmert habe. „Klassens Familie ist auch nicht enteignet worden 1961. Der
Boden gehört der JCC.“
Bei der nächsten Gemeindevertretersitzung am kommenden Donnerstag steht das
Thema wieder auf der Tagesordnung. Dann soll es eine offene Diskussion geben.
Die Verwaltung soll bis dahin prüfen, welche rechtlichen Konsequenzen es haben
könnte, wenn das Baurecht verweigert wird.