Potsdamer Neueste Nachrichten 23.12.04
Ladenhüter am Uhlenhorst
Kein Käufer für Wohn- und
Geschäftsbau / Gutachten: "Überalterung"
Von Georg Jopke
Kleinmachnow - Das gerade erst acht Jahre alte stattliche Wohn- und
Geschäftshaus am Uhlenhorst/Ecke Karl-Marx-Straße sucht einen neuen Besitzer.
Seit dem November vorigen Jahres ist es bereits in der Zwangsverwaltung eines
Berliner Rechtsanwaltbüros, in diesen Tagen sollte es am Potsdamer Amtsgericht
zwangsversteigert werden. Mindestgebot: 2,5 Millionen Euro. Aber es kam
niemand, der den Kaufpreis auf den Tisch legen wollte. Das Verfahren wurde
eingestellt und wird wahrscheinlich in einem Jahr eine Neuauflage erhalten. Was
zu erwarten ist, denn die Eurohypo Bank AG und ebenso die Deutsche Bank wollen
klare Verhältnisse schaffen.
Sie hatten ja ordentliche Geldsummen locker gemacht, als zwei Kleinmachnower
mit dem Status einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts bald nach der Wende das
Bauprojekt aus der Taufe hoben. Und damit auch das Ortsbild veränderten. Lange stand
hier das von einer Familie geführte Restaurant Uhlenhorst, das dann zur
HO-Gaststätte wurde. In den 1970er Jahren ging das Gebäude in den Besitz des
VEB Elektronische Bauelemente „Carl von Ossietzky“ über, der nun die hier
vorhandenen Gästezimmer nutzte. Mit der Wende war das vorbei. Für Abriss und
Neubau gab es auch Sympathie von seiten der Gemeinde, weil sich damit die
Verkehrsführung verändern ließ. Die Straße Uhlenhorst konnte durch eine
Schleife eine neue Anbindung an die Karl-Marx-Straße bekommen, so dass sich der
verkehrsreiche spitze Winkel neben den Kammerspielen und dem Eiscafé zu einer
behaglichen Fußgängerpassage umwandeln ließ.
1993 ging es mit dem Hochbau los. In den folgenden drei Jahren wuchs ein
Ensemble mit 12 Ladenlokalen, einer Bankfiliale, zwei Gaststätten, 10 Büros und
16 Wohneinheiten empor. Eine große Gartenterrasse macht auf sich aufmerksam und
natürlich war auch an Tiefgaragen gedacht.
Schnell fand sich für das Bauwerk der Begriff „ortsbildprägend“, weil es in der
Waldgemeinde Kleinmachnow doch an einem echten Zentrum fehlte und die
Kammerspiele allein diesem Anspruch nicht gerecht werden konnten. Ein nobles
Geschäftshaus und Gaststätten mit chinesischer und italienischer Speisekarte
gleich nebenan waren da willkommen.
Doch das hat sich inzwischen geändert. Etliche Discounter haben für bequeme
Einkaufswege gesorgt und dann ist durch den Rathausmarkt an der
Förster-Funke-Allee ein ordentliches Zentrum für das Gemeindeleben entstanden.
In diesen Tagen hielt die Gemeindevertretung dort Einzug, die Bibliothek ist
schon da, das Bürgerhaus kommt bald. Ist damit das Gebiet um die Kammerspiele
mit dem Geschäftshaus am Uhlenhorst an den Rand geraten? Zwei Läden stehen
inzwischen leer, auch die Wohnungen sind nicht vollständig vermietet.
Für das Versteigerungsverfahren war ein Verkehrsgutachten erforderlich. Ein
Augsburger Architekt hatte dafür den Auftrag erhalten und sich dabei auch auf
eine Ortsbegehung mit Mietern und Hausmeister gestützt. Auf 44 DINA4-Seiten hat
er das Bauwerk ausführlich dokumentiert. Mancherlei Bauschäden sind darin
aufgelistet, so Risse in der Tiefgarage, bröckelnder Fassadenputz und
Hausschwamm. „Wirtschaftliche Überalterung“ stellte der Gutachter für das
Bauwerk fest und begründet das mit unzeitgemäßen Geschosshöhen und
Raumaufteilung. Summa summarum: Der Verkehrswert des Grundstücks mit dem Wohn-
und Geschäftsensemble liegt bei fünf Millionen Euro.
Bei kluger Bewirtschaftung hat das Ensemble durchaus eine Zukunft, meinte die
Vertreterin der Eurohypobank nach dem Versteigerungstermin beim Amtsgericht in
Potsdam. Die Suche nach einem Käufer dürfte wohl aber nicht so leicht sein und
noch eine Weile dauern.