Potsdamer Neueste Nachrichten 14.12.04

Reanimation oder Begräbnis

Am Donnerstag soll sich entscheiden, ob Kleinmachnow das Kapitel „Stahnsdorfer Damm“ schließt

Kleinmachnow - Fünf Jahre sind für Walter Haase lang genug. Ausreichend Zeit, um ein Kapitel zu schließen, das hätte seiner Ansicht nach nie geschrieben werden dürfen. Denn die Idee, den stillgelegten Stahnsdorfer Damm vom Europark bis zur Potsdamer Chaussee in Wannsee zu öffnen, ist für den SPD-Gemeindevertreter das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt wurde.

Inzwischen hat er selbst ganze Aufsätze er geschrieben, in denen erklärte, weshalb die Öffnung der Straße volkswirtschaftlicher Unsinn wäre: auf Berliner Seite ist man dagegen, Natur würde zerstört, mit der Autobahn vor der Tür verfüge der Europarc bereits über einen exzellenten Verkehrsanschluss und es könne nicht wirklich dauerhaft verhindert werden, dass auf dem Stahnsdorfer Damm nur Busse fahren. Mächtig wurmt Haase zudem, dass im Herbst 1999 Kleinmachnows damalige Gemeindevertretung zustimmte, dass die Kommune ihr Scherflein am Bau der Straße beiträgt. Dass die Parlamentskollegen im benachbarten Zehlendorf überhaupt kein Interesse an einer acht Meter breiten Schneise mitten durchs Düppler Forst hatten, wurde damals verschwiegen. Mehr noch: Die Berliner wurden erst hellhörig, als im Europarc die Bagger brummten.

Bis heute wartet nicht nur Haase auf eine plausible Begründung, weshalb der Anschluss über den Stahnsdorfer Damm an die S-Bahn in Wannsee für die Vermarktung des Gewerbegebietes hilfreich sein sollte. Auch für Zehlendorfs Baubezirksstadtrat Uwe Stäglin ist das Thema „so weit weg“, dass er sich entschuldigt, entsprechende Anfragen erst nach zwei Wochen zu beantworten, in denen er sich nur wiederholen könne: „Ich kenne kein stichhaltiges Argument, die Straße zu öffnen“. Bei all den negativen Vorzeichen gingen Europarc-Chef Walter Brümmer, Kleinmachnows Bürgermeister Wolfgang Blasig (SPD) und Stäglin Mitte November nach einem Treffen in der Berliner Senatskanzlei mit dem Fazit auseinander, dass die Idee tot sei.

Unter diesen Voraussetzungen schien der Erfolg auf der Haben-Seite fest gebucht, als in der November-Sitzung der Kleinmachnower Gemeindevertretung die Fraktionen von UBK/WIR und den Bündnisgrünen den gemeinsamen Antrag stellten, den Plan von der Öffnung des Stahnsdorfer Damms zu beerdigen und den fünf Jahre alten Beschluss aufzuheben. Stattdessen soll der Bürgermeister mit der Havelbus-Gesellschaft über einen Shuttlebus verhandeln, der über die A115 fährt und in einer effektiven Taktfolge den Europarc bedient. Zudem solle Blasig die Planung eines Radweges auf dem einstigen Damm veranlassen. „Wir wollen uns nicht auf die Absage aus Berlin verlassen“, begründet UBK-Antragsteller Herbert Franke, „sondern unsere eigene Position klarmachen.“

Doch zu Frankes und Haases Erstaunen ziert man sich noch immer. Der Antrag, so befand die Mehrheit der Abgeordneten, sei zu unpräzise und sollte daher noch einmal in den Fachausschüssen für Verkehr und Umwelt sowie für Bauen besprochen und in der nächsten Ortsparlamentssitzung beschlossen werden.

Die ist nun übermorgen und Damm-Gegner Haase sagt eine „interessante Debatte“ voraus. Denn im Verkehrsausschuss blieb das Thema unbesprochen, im Bauausschuss fiel der Antrag, die Baupläne aufzugeben, durch. Den CDU-Vertretern war der Passus mit den Radwegen zu vage beschrieben. „Ich kann nicht sagen, ob das ein ernsthafter oder nur vorgeschobener Einwand war“, meint Ausschussleiter Herbert Franke.

Schon schwant Walter Haase Böses: „Es gibt Bestrebungen, weiter im Untergrund zu bohren.“ Selbst in eigenen Reihen gebe es Widerstände; bis zur heutigen Sitzung der SPD-Fraktion habe er nicht alle Genossen überzeugen können, sich dem Antrag anzuschließen. Offenbar findet der Stoßseufzer, der in der Geschäftszentrale des Europarcs wegen der fehlenden Anbindung regelmäßig zu hören ist, unterschiedlich Gehör. Und wie illustrierte jüngst Bürgermeister Blasig die Symbiose vor Ort: „Wenn der Europarc Husten hat, liegt Kleinmachnow im Fieber.“ Manch einer tut sich da schwer mit dem Gedanken, dem Europarc könnte ein Bypass fehlen … P. Könnicke