Potsdamer Neueste Nachrichten 18.11.04

Wenn Großzügigkeit zum Nachteil wird

Kleinmachnow ist weitläufig und daher durch Nahverkehr nicht gut erschlossen. Doch es tut sich etwas

Von Volker Eckert

Ulla Fehring ist keine passionierte Spaziergängerin. Aber manchmal läuft sie den letzten Kilometer ihres Heimwegs von der Arbeit zu Fuß: von der Sachtlebenstraße in Zehlendorf zum Seemannsheimweg in Kleinmachnow. Abends ab halb acht fährt ihr Anschlussbus, der 623er, nur noch einmal die Stunde. „Katastrophal“ findet sie die Verbindung am Abend. Und am Morgen sei der Takt ebenfalls ausgedünnt worden.

Kleinmachnow ist in vielerlei Hinsicht eine privilegierte Gemeinde, die Menschen fühlen sich wohl hier. Die ersten Einsendungen zur PNN–Aktion spiegeln das wider, die guten Noten überwiegen. Der Öffentliche Nahverkehr gehört aber zu den Kategorien, die ein bisschen aus der Reihe tanzen. Da sucht auch Bürgermeister Wolfgang Blasig keine Ausflüchte, wenn er es als „ausgesprochen schwierig“ bezeichnet, ein dichtes Netz von Buslinien über die Waldgemeinde zu legen.

Manche erinnern sich da schon mit leichter Wehmut an längst vergangene Zeiten, wie Christian Grützmann von den Grünen, wenn er von der „Ortsschleuder“ spricht. So nannte man zu DDR-Zeiten die Ringbusse, die Kleinmachnow mit Teltow und Stahnsdorf verbanden. Auch Werner Sperling, der sich in der Lokalen Agenda mit Verkehr beschäftigt, erinnert daran, dass die Ringbusse gut ausgelastet gewesen sein. Im Osten sei es eben günstiger gewesen, den Bus zu nehmen als das eigene Auto – sofern man überhaupt eins hatte.

Das Projekt City-Bus droht seit Jahren zum Papiertiger zu verkommen (siehe Kasten). Heute bilanziert Bürgermeister Blasig: „Wir haben hier nicht die nötige Bevölkerungsdichte.“ Was sonst als Vorteil gesehen werde, habe hier nun einmal negative Folgen. Eine Kapitulation?

Nicht ganz, denn in der nächsten Zeit wird sich einiges tun. Linien wie die 623 oder 629, die nach Berlin fahren, kommen zu Spitzenzeiten am Morgen auf eine Auslastung von fast 80 Prozent. Gut 2000 Fahrgäste steigen jeden Tag in den 623er, beim 629er sind es knapp 3000. Auf den ganzen Tag gerechnet liegt die Auslastung zwischen 20 und 40 Prozent. Über etwas mehr würde sich Havelbus-Geschäftsführer Peter Ethofer durchaus freuen. Aber überfüllt seien die Busse nie. Daher, so die Logik, gibt es auch keinen Bedarf für mehr Fahrten.

Auf der andern Seite ist da aber der neue S-Bahnhof in Teltow, der für Bewegung im Liniennetz sorgen wird. Sobald ab Ende Februar die Züge aus Berlin anrollen, werden auch die Busse häufiger vom Bahnhof abfahren, sagt Ethofer. Die Linien 601, 623 und 629 fahren dann von Betriebsbeginn bis ungefähr 18 Uhr alle 20 Minuten statt wie bisher teilweise im Halbstundentakt. Ungefähr 500 Kilometer am Tag legen die Havelbusse nach der S-Bahneröffnung täglich mehr zurück.

Neu dazu kommt dann außerdem die Linie X1, die Teltow alle 30 Minuten mit dem Potsdamer Hauptbahnhof verbinden wird. Richtig profitieren wird Kleinmachnow davon freilich erst, wenn voraussichtlich im kommenden April die Schleusenbrücke wieder geöffnet wird. Wie von den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) auf PNN-Anfrage zu erfahren war, wird von diesem Tag der 117er-Bus wieder bis zu seiner alten Endstation in fahren, die heute Waldschänke heißt. Dort ergibt sich dann auch eine neue Umsteigemöglichkeit auf den 601er in Richtung Potsdam.

Unklar ist, wie es mit der Verbindung Richtung Stahnsdorf weitergeht. Der 620er soll irgendwann nicht mehr über die Autobahn fahren (siehe nebenstehenden Text). Eine Änderung kommt aber sicher: Der Abstecher zum Europarc entfällt, das übernimmt mit dem Fahrplanwechsel im Dezember der 628er. Für die Fahrt nach Wannsee bedeutet das: Die Fahrgäste sind drei Minuten schneller am Ziel.