Potsdamer Neueste Nachrichten 11.11.04

 

„Man darf den Braunen weder Straße noch Säle überlassen“

Kleinmachnows SPD-Politiker Jens Klocksin über den Umgang mit der DVU und seine Arbeit im Landtag

Was bedeutet es im 15. Jahr nach dem Mauerfall Mitglied des 4. brandenburgischen Landtages zu sein?

Dieser Landtag ist ein Beispiel dafür, dass es die Menschen in der DDR in einem revolutionären Akt vermocht haben, eine neue und demokratische Gesellschaftsordnung durchzusetzen. Die Landesparlamente der ostdeutschen Länder verkörpern als ein Stück dieser demokratischen Gesellschaft den Volkswillen. Ich denke, dass wir als Landtagsabgeordnete in der Tradition der letzten 15 Jahre die Aufgabe haben, gemeinsam mit den Menschen die Lebensverhältnisse in Brandenburg zu gestalten.

Als Landtagsabgeordneter sind Sie in einer Vorreiterrolle, Politik interessant zu machen und Verdrossenheit zu begegnen.

Ich engagiere mich im Ausschuss für Infrastruktur und Raumordnung als stellvertretender Vorsitzender, bin verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion und stellvertretendes Mitglied im Wirtschafts- und im Umweltausschuss. In den Bereichen Infrastruktur, Wirtschaft und Verkehr gibt es eine Reihe von Themen, die für unsere Region Teltow, Stahnsdorf, Kleinmachnow und für Nuthetal von großer Bedeutung sind. Ich werde mich darum bemühen, meine Arbeit im Landtag nach außen zu tragen und darüber zu informieren – nicht nur in Gesprächen, sondern auch in Veranstaltungen vor Ort. Ich verstehe mich als Adresse für Anliegen, bei denen ich helfen und vermitteln kann, und als Adresse für Ideen und Vorschläge, die in meine Arbeit einfließen können.

Als stellvertretender Vorsitzender des Verkehrsausschusses müssen Sie sich verstärkt mit deren Vorsitzender, der DVU-Abgeordneten Hesselbarth, auseinandersetzen. Es wurde viel diskutiert, wie mit den Rechtsextremen im Landtag umgegangen werden soll.

Für mich ist diese Situation eine große Herausforderung. Der unmittelbare Kontakt und die Nähe zu einer eindeutig undemokratischen, rechtsradikalen, Menschen verachtenden Partei ist für mich neu. Meine Aufgabe als stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses sehe ich darin, ein professionelles und ergebnisorientiertes Arbeiten zu ermöglichen. Ich scheue mich nicht vor der Darstellung der Unterschiede, die wir Sozialdemokraten zu Rechtradikalen und Neofaschisten haben. Im Gegenteil: Ich führe diese Auseinandersetzung gerne, denn man darf den Braunen weder die Straße noch die Säle überlassen.

Bedeutet eine erfolgreiche Arbeit des Ausschusses unter Führung einer Rechtsextremen nicht auch, dass man Braune salonfähiger macht?

Ob mir das das passt oder nicht: Der Wähler hat entschieden, dass in diesem demokratischen Staat auch dessen Feinde das Recht haben, im Landtag zu sitzen. Ich halte Parteiverbote nicht für das probate Mittel. Das ist keine Auseinandersetzung. Mir geht es auch nicht um die Personen, die als Repräsentanten und Funktionäre der Rechtsextremen in den Landtag gewählt wurden. Mir geht es um die Bürger, die meinten, ihr Kreuz rechtsaußen machen zu müssen. Mit denen will ich ins Gespräch kommen. Ich kann mir vorstellen, dass manche meinen, ihren Unmut über Politik durch ihr Wahlverhalten zum Ausdruck zu bringen. Ich denke, es gibt andere Alternativen, als Menschenverächter zu wählen.

Vor der Landtagswahl meinten Sie, wenn es am Ende der Legislaturperiode zur Fusion zwischen Berlin und Brandenburg kommt, haben Sie eine gute Arbeit geleistet. Nun hat die Landesregierung einer baldigen Länderehe eine Absage erteilt. Ist eines Ihrer Ziele schon gescheitert?

Die Fusion von Berlin und Brandenburg wird für unsere Region in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung sein. Wir werden uns nur gemeinsam als Siedlungs- und Wirtschaftsraum entwickeln können. Berlin-Brandenburg ist eine der europäischen Metropolenregionen. Beide Länder brauchen einander. Das ist unstrittig. Die Frage des Zeitplans und des Weges wird noch zu diskutieren sein. Man wird die Antwort nach der Frage einer Länderfusion nicht auf die lange Bank schieben können, wenn wir unsere Handlungsfähigkeit erhalten wollen.

Das Gespräch führte Peter Könnicke

Jens Klocksin ist seit wenigen Wochen Mitglied des neuen Brandenburger Landtages. Dort ist der Kleinmachnower verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion.