Potsdamer Neueste Nachrichten 22.10.04

Provozierte Zukunftsdebatte

Nach dem Vorschlag für einen Zusammenschluss von Kleinmnachnow, Teltow und Stahnsdorf reden die Politiker der Region „endlich übers Eingemachte“

Teltow - Ist der Vorschlag für eine Fusion von Kleinmachnow, Teltow und Stahnsdorf nichts weiter als eine Provokation? Stahnsdorfs Bürgermeister Gerhard Enser, der gern mal eine Lunte legt, hat im gemeinsamen Ruf mit seinem Teltower Amtskollegen nach einem freiwilligen Zusammenschluss eine Diskussion über das notwendige Miteinander der drei Kommunen in Gang gebracht, wie sie bisher nicht geführt wurde.

Zwar haben die drei Orte vor drei Jahren ein gemeinsames Regiokonzept mit Startmaßnahmen für eine interkommunale Zusammenarbeit beschlossen, kontrolliert hat die Umsetzung des Strategiepapiers keiner. Und selbst das Gremium, das die Politiker der Region für eine bessere und abgestimmte Verständigung nach langen Geburtswehen gegründet haben und das das Kürzel KAT trägt, ist seiner antreibenden Funktion, die der Name vermuten lässt, bislang nie gerecht geworden. Im Gegenteil: Kleinmachnows Gemeindevertreter Maximilian Tauscher „hat Schwierigkeiten, nach einjähriger Mitgliedschaft in der Kommunalen Arbeitsgruppe „Der Teltow“ deren Wirkung zu erklären.

„Wir lavieren seit Jahren herum“, konstatiert Enser. „Das Regiokonzept kann man vergessen“, befindet Kleinmachnows Gemeindevertreter Herbert Franke. „Und nun versuchen wir, die fehlende Erfolgsbilanz durch den Fusionsgedanken zu ersetzen“, resümiert und warnt der Kleinmachnow Jens Klocksin. In der gesamten KAT-Runde freute man sich am Mittwoch geschlossen, dass endlich Tacheles gesprochen wurde.

Die klaren Worte gelten als Zäsur im bisherigen Bemühen, Formen eines Miteinander zu finden. Für Enser sind die vor drei Jahren auf geduldiges Papier geschriebenen Absprachen inzwischen kaum noch taugliches Mittel für ein effizientes Zusammenwirken. Zwar werde er – Stahnsdorf übernimmt 2005 die KAT-Regie – die einst im Regio-Konzept verabredeten Maßnahmen auf den Prüfstand stellen und den politischen Akteuren der Region zum Bekenntnis vorlegen. Doch gibt sich der CDU-Bürgermeister skeptisch: „Es wird sich zeigen, ob die Chancen der Zusammenarbeit greifen oder die Risiken bestimmend sein werden.“ Unterschiedliche Leistungsbereitschaft, der Verlust an eigener Gestaltungsfreiheit und Bürgernähe, lokale Egoismen werden zu echten Prüfsteinen. Letztlich werde einzig ein Zusammenschluss zu mehr Qualität und Effizienz führen, die Potenziale der Region nachhaltig sichern, Projekte bezahlbar machen und Konkurrenzsituation abbauen.

Noch im Sommer diesen Jahres galt die Anerkennung der Region als Mittelzentrum als Idealmodell, um sich künftig Aufgaben zu teilen und um besser finanziell gepolstert zu sein. So umstritten der gemeinsam von Enser, Schmidt und Kleinmachnows Bürgermeister Wolfgang Blasig unterzeichnete Antrag ans Land war, so unterschiedlich wird der Status des Mittelzentrums auch heute gesehen. Während Enser kaum noch Chancen für eine Anerkennung sieht, da die neue Landesregierung nur noch wenige zentrale Orte ausweisen will, sichtet Amtskollege Blasig durchaus noch Spielraum: „Ich sehe die Kommunen in der Pflicht, dem Land Argumente für eine Neuordnung unserer Region zu liefern und den Antrag für ein Mittelzentrum mit neuer Qualität zu untersetzen.“ Als Gebot der Stunde sieht Blasig einen Verwaltungsverbund: Stadt- und Gemeindeverwalter müssen Vorreiter sein, in den Amtsstuben müsse bewiesen werden, dass Potenzen und Wille für ein Zusammenwirken vorhanden sind.

Dass der Antrag auf Anerkennung als Mittelzentrum vom Land – zunächst – abgelehnt wurde, ist für den Sozialdemokraten Klocksin nur konsequent: „Bislang waren die drei Orte selbst nicht im Stande, Fragen der Zusammenarbeit so zu lösen, dass Maßstäbe gesetzt wurden“, kritisiert er harsch. Ob Bauhof, Schwimmbad, Sportplätze – allein in diesen drei Bereichen ziehen die drei Orte nicht an einem Strang. Bei der Verkehrspolitik mache jeder, was er will und was dem Nachbarn missfällt. „Und bei den Gewerbegebieten konkurrieren wir auf Teufel komm raus.“ Unter diesen Vorzeichen sei es der Bürgerschaft kaum zu vermitteln, dass künftig Aufgaben im Einklang zu lösen sind. Auch für Teltows Abgeordneten Carsten Schuldt sind alle Fusionsgedanken „Unfug“, solange man die Fähigkeit des Miteinander nicht an konkreten Projekten bewiesen hat. Ohne diesen Beleg werde es in der Bevölkerung nie die Einsicht für eine Fusion geben,

Über 40 Wortmeldungen – pro und contra – gab es in der vorgestrigen KAT-Sitzung zum Vorstoß eines freiwilligen Zusammenschlusses der drei Kommunen. Sollte provoziert werden, dass die Debatte über ein künftiges gemeinsames Handeln neue Impulse erhält, ist dies gelungen. „Endlich, so Teltows CDU-Abgeordneter Florian Lewens, diskutieren wir übers Eingemachte.“ Peter Könnicke