Potsdamer Neueste Nachrichten 20.09.04
Unerfüllte Wünsche bei CDU und
Grünen
Auch für die mittelmärkischen Wahlkämpfer gab es so manche Überraschung
Potsdam-Mittelmark - Nicht weit hatte es Jörg Schönbohm gestern bis zu seinem
Wahllokal im Kleinmachnower Seniorenstift „Augustinum“. Gemeinsam mit seiner
Frau Evelyne trat er dort um 10 Uhr an die Wahlurne. Rund 20 Fotografen
begrüßten ihn mit einem Blitzlichtgewitter. Schönbohm hatte drei Wünsche: Die
rechtsextreme DVU solle nicht in den Landtag kommen, die PDS solle nicht
stärkste Kraft im Land werden, und die Union solle vor der SPD liegen. Drei
Wünsche, die Ausdruck waren für die Spannung bei dieser Wahl, die gestern früh
um 10 Uhr noch alles möglich erscheinen ließ.
So hoffte ebenfalls in Kleinmachnow Spitzenkandidatin Cornelia Behm auf den
Einzug ihrer Bündnisgrünen in den Landtag. „Ich bin optimistisch“, sagte sie
bei ihrer Stimmabgabe um 9 Uhr im Wahllokal Steinwegschule. Noch am Freitag
habe sie viele gute Wünsche aus dem ganzen Land erhalten, die 5-Prozent-Hürde
möge sich diesmal nicht als unüberwindbar erweisen. Dass Rot-Schwarz weiter
regieren werde, stand für Behm bereits am Wahlmorgen fest, jedoch hoffte sie
auf eine „bissige grüne Opposition“.
Dass die Mittelmärker nach wie vor
überdurchschnittliches politisches Interesse zeigen, wurde schon um 14 Uhr
deutlich. So lag die Wahlbeteiligung im Wahlkreis 19 (Werder, Michendorf Schwielowsee,
Potsdam III) bei 39,1 Prozent: Kein Grund für Freudensprünge, doch immerhin
Spitze im gesamten Land. Nachdem die Wahllokale um 18 Uhr schlossen, konnte
Kreiswahlleiterin Eveline Vogel einen reibungslosen Verlauf in allen
Wahlbezirken registrieren.
Als kurz nach 18 Uhr die ersten Hochrechnungen veröffentlicht werden, zeigte
die aus Langerwisch stammende SPD-Kreischefin Susanne Melior noch verhaltene
Freude. „35 Prozent für die Sozialdemokraten – damit können wird sehr zufrieden
sein“, sagte sie und sah zugleich einen Wermutstropfen: den Wiedereinzug der
DVU in den brandenburgischen Landtag. Für Melior blieb vorerst die spannende
Frage, ob sie sich auch in ihrem Wahlkreis 19 als Direktkandidatin durchsetzen
konnte, schließlich hatte sie dort mit der CDU-Kreischefin Saskia Funck eine
starke Widersacherin – ein Kopf-an-Kopf-Rennen bahnte sich an, ebenso wie im
Wahlkreis20 zwischen Jörg Schönbohm und Jens Klocksin (SPD). Unangefochten
indes Sozialminister Günter Baaske (SPD) im Wahlkreis 18 (u.a. Beelitz/Belzig).
„Tief enttäuscht und traurig“, zeigte sich Cornelia Behm nach den ersten
Hochrechnungen. Den Bündnisgrünen in Brandenburg bleibt wieder einmal nur die
Rolle der außerparlamentarischen Opposition. „Hartz IV und die Fixierung des
Wahlkampfes auf die Person des Ministerpräsidenten Matthias Platzeck haben
anscheinend verhindert, dass wir mit unseren speziellen Sachthemen zum Zuge
kommen konnten“, so ihre erste Analyse. Entmutigen lassen will sich die
Kleinmachnowerin nicht. Nach dem Nichteinzug ins Landesparlament steht fest,
dass sie als Abgeordnete im Bundestag bleibt. Ihren dortigen Sitz hätte sie
ansonsten für ein Mandat in Brandenburg aufgegeben.
Gedämpfte Stimmung auch im Werderaner Sportcasino, wo die CDU zur
Wahlkampfparty eingeladen hatte. „Das Ergebnis ist enttäuschend, und ich habe
auch keine Begründung dafür“, sagte Bürgermeister Werner Große während immer
mehr Zahlen aus den Werderaner Wahllokalen eintrudeln. Die SPD vorn bei den
Zweitstimmen, bei den Erststimmen geht die CDU an die Spitze: Doch kein
Vergleich zum überragenden CDU-Ergebnis bei der Kommunalwahl. Große rechnet nun
mit einer Fortsetzung der Großen Koalition. Dafür plädierte auch Werders
SPD-Chefin Jutta Bours-Wein auf einer kleinen Party in der Gaststätte „Am
Schwalbenberg“.
Ein Wahlabend, der für die mittelmärkischen Kandidaten so manche Überraschung
brachte. Auch für Jörg Schönbohm erfüllte sich nur ein einziger Wunsch: Die PDS
wurde nicht die stärkste Kraft im Lande. ldg/T.L./dpa