Potsdamer Neueste Nachrichten 20.09.04
Kleinmachnow mit dem Rad
„erfahren“
Kleinmachnow – Am „Autofreien Tag“ ging Kleinmachnows Bürgermeister Wolfgang
Blasig (SPD) mit gutem Beispiel voran und radelte. Auch viele Gemeindevertreter
fuhren am Sonnabend mit dem Rad zur Veranstaltung der Lokalen Agenda 21, die
unter dem Motto „Kleinmachnow, ein Ort für Radfahrer“ stand. Das bunte
Aktionsprogramm mit Marktständen und Musik wurde von vielen Sponsoren und
Vereinen unterstützt. Als autofrei galten ab Mittag Teile der Karl-Marx-Straße
und des Fuchsbaus. Doch einige Autofahrer ignorierten die Absperrungen und
verrückten sie eigenhändig, um durchfahren zu können. Gesprächsbereit waren nur
wenige von ihnen. Ein Fahrer mit Berliner Kennzeichen gab sich gar als Anlieger
aus, weil er zum Supermarkt wollte. Doch allein mit dem drohenden Zeigefinger
sei eine fahrradfreundliche Kommune nicht durchzusetzen, meinten die
Veranstaltungsinitiatoren, weshalb sie den „ Straßenraum ohne Autoverkehr
wieder erlebbar machen“ wollten. Begeistert waren vor allem die Kinder, die mit
Rädern und Inlineskatern Hindernisse überwanden oder Streetball spielten.
„Sonst müssen wir Slalom um parkende Autos fahren“, schimpfte die passionierte
Radfahrerin Monika Fenske, denn viele seien bequem geworden, weshalb sie ihren
PKW nicht auf dem eigenen Grundstück parken, sondern auf der Straße. Und ihre
Schwester Irene weiß, dass einige inzwischen ihre Garage zum Büro oder Wohnraum
umgebaut haben. Annekatrin Schöllhammer lebt seit 1993 in Kleinmachnow und
meint: „Hier braucht man kein Auto, denn per Rad kommt man überall hin und
lernt den Ort so besser kennen". Die 80-jährige Johanna Wolter fährt mit
dem Rad sogar nach Berlin-Steglitz in die Schlossstraße, um ihre Tochter zu
besuchen“, erzählt sie und wer sieht, wie flott sie in die Pedale tritt, glaubt
ihr, dass Radeln fit hält. Doch auch wenn im Ort fast alle ein Rad haben,
fahren viele selbst kurze Strecken oft nur mit dem Auto.
Rund 600 Besucher waren zum Kleinmachnower Straßenfest gekommen, trotzdem
brummte der Autoverkehr in den Nachbarstraßen wie immer. Für Sigrid Haarbeck
vom Agendabüro jedoch kein Grund aufzustecken, im Gegenteil, denn diese Form
von umweltbewusster Lebensqualität müssten sich viele erst noch „erfahren“,
statt nur davon zu reden. K. Graulich