Potsdamer Neueste Nachrichten 14.07.04
„Es leidet ein Stück von dem, was
gewesen ist“
Karl-Heinz Bornemann, Eigentümer der Kammerspiele, über die ersten sechs
Monate seiner Eigenregie und die Hoffnung auf Unterstützung
Herr Bornemann, Sie führen seit Anfang des Jahres das Haus in Eigenregie.
Wie schätzen Sie die vergangenen Monate ein?
Nicht ganz unkompliziert.
Es gibt Schwierigkeiten?
Die Schwierigkeiten resultieren daraus, dass es personell nicht mehr so
komfortabel aussieht. Vorher haben hier vier Leute gearbeitet, das ist mit der
heutigen Situation nicht zu vergleichen.
Sie führen das Haus als Ein-Mann-Betrieb?
Im Prinzip schon, aber mit zuzätzlichen Mini-Jobs. Ganz allein ist es
nicht zu schaffen.
Eigentlich haben wir in diesem Jahr einen Kinosommer, was soll man sonst
machen bei dem vielen Regen. Zeigt sich das in Ihrem Haus?
Da fehlt mir der Vergleich. Ich habe keine konkreten Zahlen aus den
Vorjahren, zumal das Haus in der vergangenen Jahren in den Sommerferien immer
eine Pause hatte. Nachdem wir im Frühjahr eine ziemlich schlechte Phase hatten,
läuft es jetzt ganz gut.
Gerade dieses Kino würde sich für ein Off-Kino anbieten, wo nicht die
aktuellsten Filme laufen, sondern Klassiker oder alternative Streifen.
Ich komme nicht umhin, es unter einem finanziellen Aspekt zu
betrachten. Es ist leider nicht ganz einfach, beides unter ein Dach zu kriegen.
Ich war angetreten mit der Idee, aktuelle Filme parallel zu „guten“ Filmen zu
spielen. Doch gibt es da zunehmend Probleme mit den Verleihern, die bei einer
solchen Mischung ungern mitmachen.
Haben Sie die Aufgabe, so ein Haus zu betreiben, unterschätzt?
Unterschätzt habe ich es nicht. Ich muss aber sagen, dass es früher die
Dreiteilung des Hauses gab, die auch am Eingang sichtbar ist: Kino, Kultur,
Kneipe. Mein Ziel ist es, dass es keinen geteilten Betrieb gibt, sondern alles
aus einem Guss funktioniert. Das wäre zum Vorteil der Besucher und des
Betriebes. Das zu realisieren ist nicht ganz einfach. Es bedarf mehr Zeit, als
ich es geglaubt habe. Das gebe ich ehrlich zu.
Welche Form der Unterstützung und von wem können Sie sich denn
vorstellen?
Ich fand die Idee ganz gut, dass es Leute gegeben hat, die sich um
dieses Haus kümmern wollten. Denn den Zuschuss der Gemeinde, der sich bei 150
000 Euro bewegt hat, wird es in dieser Größenordnung nicht mehr geben. Das muss
man realistisch sehen. Selbst wenn die Gemeinde sich in Zukunft finanziell
einbringen sollte, in welcher Form auch immer, wird das Engagement der Bürger
notwendig sein. Darunter verstehe ich das Bereitstellen von Knowhow, um
überhaupt das Programm zu gestalten. Das muss nicht immer finanzielle Hilfe
sein.
Was ist mit dem Förderverein, der sich für den Erhalt der Kammerspiele
gegründet hat. Wo liegen die Schwierigkeiten, die bislang zu keiner
Zusammenarbeit führten?
Ich denke, es hat deshalb nicht funktioniert, weil man sich auf die
Fahne geschrieben hat, das Haus zu übernehmen. Ich sage ganz im Ernst: Wenn
jemand käme und ein vernünftiges Angebot machen würde, wie das Haus zu erhalten
ist, in dem Sinne wie ich es geschildert habe, würde ich darüber nachdenken, ob
man einer derartigen Lösung zustimmt. Aber ich habe meine Bedenken bei solchen
Vereinen. Die setzen ihren Schwerpunkt zu sehr auf das Ehrenamt. Aber um so
einen Betrieb sicher zu führen, bedarf es eines ausgewogenen Verhältnisses
zwischen Ehrenamtlichen und fest Angestellten. Man kann einem Ehernamtlichen
bestimmte Dinge einfach nicht zumuten.
Würden Sie einem Förderverein oder anderen, die sich ehrenamtlich
engagieren möchten, die Möglichkeit geben, sich zu beweisen?
Wenn Sie einen Betrieb aufbauen, vergeht viel Zeit, bis eine gewisse
Routine eintritt. Aus dieser Phase sind wir noch nicht raus. Ich bin noch nicht
in der Lage, ein vielfältiges Programm anzubieten. Ich fände es gut, wenn
interessierte Menschen mit ins Haus kämen und einzelne Programmteile
mitgestalten.
Fühlen Sie sich selbst in der Verantwortung, die Kammerspiele als
Kulturstandort zu erhalten?
Wenn ich diese Verantwortung nicht fühlen würde, hätte ich den Betrieb
doch erst gar nicht übernommen. Ich würde ruhiger leben, wenn ich gesagt hätte:
Gut, lassen wir das Haus dicht. Aber das kann ja nicht Sinn der Sache sein.
Mit richtigen Leuten sagen Sie, könnten Sie sich eine Zusammenarbeit
vorstellen. Wie gestaltet sich derzeit der Dialog mit der Gemeinde.
Zur Gemeindeverwaltung besteht ein denkbar schwieriges Verhältnis. Ich
werde nicht in die Knie gehen, aber es leidet ein Stück von dem, was gewesen
ist. Wenn sich ein paar Leute bereit erklären, hier mit an einem Strang zu
ziehen, kann man aus dem Haus deutlich mehr machen als zur Zeit. Das ist
unbestritten.
Das Gespräch führte Peter Könnicke
HINTERGRUND
Keine Einigung
Die Kammerspiele sind die Traditionsstätte für Kunst und Kultur in
Kleinmachnow. Ende des Vorjahres lief der zehnjährige Pachtvertrag zwischen
Gemeinde und Eigentümer Karl-Heinz Bornemann aus. Bislang konnten sich die
Parteien auf keine Konditionen verständigen, zu denen das in den 1930er Jahren
gebaute Haus unter kommunaler Mithilfe weiterbetrieben werden kann. Aus Sorge
vor einer Schließung des Hauses gründete sich im Vorjahr der Förderverein
„Freunde des Kulturhauses Kammerspiele“ unter Vorsitz von Christian Grützmann.
Eine Zusammenarbeit zwischen Verein und Eigentümer kam bislang nicht zustande.
Seit dem 8. Januar führt Bornemann das Haus in Eigenregie, überwiegend mit
Kinovorführungen.