Potsdamer Neueste Nachrichten 10.07.04
Kleinmachnows Kinder sollen zum
Arzt
Die Gemeinde ist für eine große Gesundheitsstudie der Bundesregierung
ausgewählt worden
Kleinmachnow - Hat mein Kind vielleicht eine nicht entdeckte Hausstauballergie?
Funktioniert der Impfschutz für Masern, Mumps und Röteln überhaupt komplett?
Fragen, die sich beim Kinderarztbesuch kaum klären – höchstens mit erheblichen
Eigenkosten. Im August haben Kinder und Jugendliche in Kleinmachnow die
Möglichkeit, solchen Dingen auf den Grund zu gehen: im Rahmen einer bundesweiten
Studie des Robert-Koch-Instituts.
Die Gemeinde wurde zufällig ausgewählt, als einer von 150 Orten in ganz
Deutschland, an der „Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen
(KIGGS)“ teilzunehmen. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts wird damit im
Auftrag der Bundesregierung eine Lücke gefüllt. Bislang gibt es keine
flächendeckende Untersuchung zur Gesundheit der jüngsten Generation. 18 000
Testpersonen zwischen 6 Monaten und 18 Jahren werden dazu nun gebraucht. Mit
fünf Millionen Euro ist sie zudem die teuerste Gesundheitsstudie, die bisher in
Deutschland durchgeführt wurde, so KIGGSSprecher Michael Thamm. In der
kommenden Woche sollen Informationsbriefe in den Kleinmachnower Haushalten
eintreffen, die Teilnahme ist freiwillig. Ort: Das Ärztehaus am
August-Bebel-Platz.
Wer mitmacht, wird umfangreichen Tests
unterzogen. Untersucht werden u.a. Sehschärfe, Schilddrüsen, Ausdauer, Gewicht.
Mit den Eltern werden Fragebogen durchgegangen, ab 11 können die jungen Leute
auch selber antworten.
Freiwilliger Bestandteil des Tests ist außerdem eine Blutentnahme. Um die
abschreckende Wirkung des Pieksers zu lindern, hat das Robert-Koch-Institut
Pflaster besorgt, die eine örtlich betäubende Wirkung haben. „Manche Ärzte
haben sich schon bei uns beschwert“, sagt Michael Thamm lächelnd. Die finden
nämlich, man sollte die Kinder gar nicht erst an so etwas gewöhnen, schließlich
kostet solch ein Pflaster allein fünf Euro.
Wer sich zum Bluttest entschließt, bekommt zur Belohnung eine Reihe von
Informationen über seinen Körper: Leber und Nieren werden untersucht,
Cholesterinwerte, Allergien, der Impfschutz. Der Allergietest, so Thamm, sei
der beste seiner Art. Den kriege man beim Arzt nicht ohne konkreten Verdacht.
Bei den vorangegangenen Untersuchungen sei es ein paar Mal vorgekommen, dass
bei Jugendlichen Diabetes diagnostiziert wurde.
Um ihre Fitness zu testen, werden die Kinder und Jugendlichen gebeten, auf
einem Hometrainer zu strampeln. Ihre Geschicklichkeit sollen die Kinder unter
Beweis stellen, indem sie balancieren, auf einem Bein stehen oder in mit einem
Stift Gänge in einem Labyrinth verfolgen. Die Erkenntnis aus den ersten Tests
in andern Orten ist laut Michael Thamm, dass die Unterschiede zwischen den
Kindern enorm sind. Eine der Thesen, die es zu bewahrheiten oder zu widerlegen
gelte, sei, dass die Beweglichkeit der Kinder abnehme. Zwischenergebnisse will
Thamm noch keine verraten. Aber skeptisch ist er, was eine Zahl anbetrifft, die
Bundesgesundheitsministerin Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) vor kurzem
genannt hat, dass nämlich jedes dritte Kind in Deutschland übergewichtig sei.
Zusätzlich zur Untersuchung, die zwei Stunden dauert, gibt es noch die drei
Module. Bei „Umwelt“ wird die Wohnung untersucht: Wasserqualität,
Lärmbelastung, Hausstaub. Hinter „Psyche“ steckt ein Gespräch über Themen wie
mögliche Hyperaktivität, „Motorik“ heißt ein zusätzlicher sportlicher Test. Wer
sich entscheidet, hier auch noch mitzumachen, wird einem der drei Themen
zugelost.
Das Robert-Koch-Institut hofft auf eine hohe Beteiligung, um repräsentative
Zahlen zu bekommen. Kinder bekommen zur Belohnung Spielzeug, für Jugendliche ab
13 Jahren gibt es 15 Euro. Die Mitmacherquote liege bisher bei 63 Prozent,
teilweise deutlich höher, inGroßstädten niedriger. Letzter sei Berlin mit 50
Prozent. Volker Eckert