Potsdamer Neueste Nachrichten 16.06.04

 

Eine Frage der Wirksamkeit

Kreistag diskutiert um PDS-Antrag gegen Havel- und Schleusenausbau

Von Peter Könnicke

Potsdam-Mittelmark - Die PDS-Fraktion will morgen den mittelmärkischen Kreistag auffordern, sich gegen das Bundes-Verkehrsprojekt Nr. 17, das den Ausbau der Havel beinhaltet, auszusprechen. Damit soll ein Beschluss, den das Kreisparlament bereits vor zehn Jahren gefasst hat, bekräftigt werden. Aber schon im Vorfeld bewerten die einzelnen Fraktionen Sinn und Wirkung der Vorlage unterschiedlich.

1994 machte der Kreistag sein Einvernehmen für den Flussausbau mit der Erweiterung des Teltowkanals und der Kleinmachnower Schleuse von einem Nachweis der Wirtschaftlichkeit des Projektes abhängig. „Alle uns bekannten Prüfungen haben diesen Beweis nicht erbracht“, begründet die PDS-Abgeordnete Annemarie Kersten den Vorstoß. Die Bedingungen für einen Ausbau von Fluss, Kanal und Schleuse sieht die PDS nach wie vor nicht gegeben, weshalb sie vom Kreistag die Ablehnung des Vorhabens fordert.

Die CDU-Fraktion wird den Vorstoß unterstützen. Deren Fraktionschefin Sakia Funck nennt es einen „vernünftigen Antrag“. Auch wenn es die Wiederholung eines alten Beschlusses ist, sei es ein wichtiges Signal, wenn sich der Kreistag „klar und deutlich positioniere“. Allerdings gibt sich die CDU-Kreischefin bei der Durchschlagskraft des möglichen Kreistagsbeschlusses skeptisch, so lange bei der Landesregierung „Spielchen zwischen den Häusern“ stattfänden. So lange es auf Landesebene gegenüber dem Bund keine abgestimmte Linie zum Flussausbau gebe, würden auch Appelle aus dem Kreis nur schwer ihre Wirkung entfalten können.

Doch auch im Kreis stößt das PDS-Ansinnen auf ein geteiltes Echo. Denn das wichtige Signal, das durch den Beschluss ausgehen soll, wird in den Reihen von SPD und Bündnisgrünen mit Vorbehalten gesehen. Susanne Melior, Kreischefin der Sozialdemokraten, findet das Wiederholen alter Beschlüsse „albern“. Nach dem Fraktionstreffen am Dienstag deute alles darauf hin, dass sich die Mehrheit der SPD-Kreistagsabgeordneten bei dem PDS-Antrag enthalten werde. Zwar halte Melior die Ausbaupläne für die Havel „noch immer für absurd“, doch mit dem Aufwärmen historischer Beschlüsse werde man das in Kürze beginnende Planfeststellungsverfahren für die Mittlere Havel ebensowenig aufhalten können wie den anstehenden Planfeststellungbeschluss für den Sacrow-Paretzer Kanal. Meliors schon beinahe ernüchterndes Fazit: „Wir haben es damals nicht aufhalten können und werden es auch heute nicht tun können.“ Daher sei es bereits ein Erfolg, dass die Pläne für die Mittlere Havel und auch die Eingriffe in die Kanalaue im Bereich der Kleinmachnower Schleuse reduziert worden sind.

Beim Widerstand gegen den Fluss- und Schleusenausbau kapitulieren will der bündnisgrüne Fraktionschef Axel Mueller auf keinen Fall. Im Gegenteil: Der Kleinmachnower nutzt jede Chance, um den Sinn der geplanten 190-Meter-Schleuse in Frage zu stellen. Doch wie SPD-Chefin Melior sieht auch Mueller den PDS-Antrag als wenig geeignet, um der Gegenwehr eine neue Qualität zu verleihen. Das wäre durchaus möglich, so Mueller. Vor allem die Bürgerinitiative „pro Kanallandschaft Kleinmachnower Schleuse“ hat neben dem schlechten Kosten-Nutzen-Verhältnis des Projektes – den auch die PDS in ihrem Antrag zitiert – neue, stichhaltige Argumente gefunden. So macht sie auf eine Vorbehaltsklausel im Planfeststellungbeschluss zum Schleusenausbau aufmerksam, wonach das Vorhaben neu zu überprüfen sei, wenn neue Erkenntnisse vorliegen. Mit der aktuellen Wirtschaftprüfung zum Havel- und Schleusenausbau sowie den neuen Prognosen zum Schifffahrtsaufkommen ist für die Bürgerinitiative genau dieser Fall eingetreten. CDU-Landeschef und Innenminister Jörg Schönbohm hat sich inszwischen diese Lesart der Vorbehaltsklausel zu Eigen gemacht und Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) um eine Aussprache im Kabinett gebeten.

„Es gibt so viele neue Daten und Argumente, dass man einen viel stärkeren und wirkungsvolleren Beschluss im Kreistag formulieren könnte als nur eine alte Forderung zu bekräftigen“, ist Grünen-Vertreter Mueller überzeugt. Er will der PDS vorschlagen, den Antrag wirkungsvoller zu gestalten.