Potsdamer Neueste Nachrichten 08.06.04

 

Fragwürdige“ Begründungen

Bund hält nochmalige kritische Überprüfung des Schleusenausbaus für unnötig / Schönbohm fordert neue politische Entscheidung

Kleinmachnow - Ein halbes Jahr nachdem die Bürgerinitiative „pro Kanallandschaft Kleimachnower Schleuse“ mit einer umfangreichen Dokumentation versucht hat, Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) vom „Unsinn“ des Schleusenausbaus zu überzeugen, gibt es eine Antwort. Die Botschaft aus Berlin: „Eine nochmalige kritische Auseinandersetzung mit den in der Dokumentation dargestellten Varianten führte zu keiner besseren Lösung.“

In seiner Begründung bedient sich Dietmar Ernst, Referatsleiter im Bundesverkehrsministerium, der Argumentation des Wasserstraßen-Neubauamtes: Nur mit einer 190 Meter langen Schleuse könne der Eingriff in die sensiblen Uferzonen des Teltowkanals minimiert werden, weil auf zusätzliche Koppel- und Wartestellen verzichtet werden kann. Diese werden allerdings nur für Schiffseinheiten benötigt, die auf Flüssen und Kanälen der Wasserstraßenklasse V verkehren. Dieses Maß wird für den Teltowkanal jedoch für unnötig betrachtet. Zumindest war dies bislang die Haltung des Berliner Senats, der vor zwei Jahren von einem übermäßig großen Ausbau des Teltowkanals abrückte. Für den damaligen Stadtentwicklungssenator Peter Strieder gab es keinen Bedarf, den Teltowkanal für 185 Meter lange Schubverbände und 110 Meter große Motorgüterschiffe auszubauen. In Kleinmachnow sah man daher – die Bürgerinitiative voran – die Notwendigkeit für eine Großschleuse nicht mehr gegeben.

Umso mehr wundert sich nun Initiativensprecher Manfred Hauck, dass sich das Bundesverkehrsministerium auf ein gemeinsames Schreiben der Länder Berlin und Brandenburg bezieht. In dem wird erklärt, dass „dem Bau der neuen Schleusenkammer in Kleinmachnow nichts mehr im Wege steht“. Von einem Umdenken im Berliner Senat hat Hauck bislang indes nichts mitbekommen. Selbst Senatssprecherin Petra Rohland kann „sich das Zitat nicht erklären“. Es sei nicht Berliner Sache, sich zur Kleinmachnower Schleuse zu äußern. Für die Hauptstadt gelte nach wie vor die Formel, dass eine Ausbaustufe der Klasse IV für den Teltowkanal genügt. Auch der Osthafen, der einst als Zielhafen im Rahmen des Wasserstraßenausbaus vorgesehen war, spiele im Berliner Hafenkonzept nach wie vor keine Rolle mehr. Allerdings, so Rohlands Einschränkung gestern gegenüber den PNN, sei der Ausbau des Teltowkanals eine Angelegenheit des Bundes. Berlin selbst hat die Planungshoheit des Bundes zu spüren bekommen, als die Stadt vor zwei Jahren dem Ausbau trotz einer erfolgreichen Klage gegen eine fehlerhafte Planfeststellung zustimmen musste.

Bei der Kleinmachnower Bürgerinitiative kann sich Manfred Hauck den vermeintlichen Schulterschluss zwischen Berlin und Brandenburg nur durch einen Akt der „Amtshilfe“ erklären. Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck stehe beim strittigen Ausbau der Schleuse „mit dem Rücken an der Wand“ und sein SPD-Parteifreund und Berlins Regierender Bürgermeister Wolfgang Wowereit habe ihm „einen Gefallen getan“. „Außerst fragwürdig“, befindet Hauck.

Rückendeckung erhalten die Kritiker des Schleusenausbaus von Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm, zugleich CDU-Landtagskandidat aus Kleinmachnow. In einem Schreiben an Platzeck Anfang Mai erinnert Schönbohm den Ministerpräsidenten an dessen Zweifel, die er zu einer 190-Meter-Schleuse selbst geäußert habe. In dem Brief, der den PNN vorliegt, sieht es Schönbohm „dringend geboten, nach einer neuen politischen Entscheidung der Landesregierung, eine Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses zu erwirken“. Wie bereits die Bürgerinitiative vor wenigen Wochen gegenüber Platzeck verdeutlichte, zitiert Schönbohm eine Vorbehaltungsklausel, wonach der Schleusenausbau überprüft werden sollte, wenn neue Umstände vorliegen. Schönbohm sieht diesen Fall eingetreten und hat Platzeck gebeten, „dieses Thema aufzugreifen und gegebenfalls im Kabinett zu behandeln“. P. Könnicke