Potsdamer Neueste Nachrichten 14.05.2004
„Wir sind total unter Druck“
Bernd Pape, Vorsitzender
des Seeberg-Ausschusses, über die Chancen des Areals als Bildungscampus
Als im Februar der zeitweilige Seeberg-Ausschuss beschlossen wurde, waren
Sie skeptisch: dieser Auschuss werde mehr blockieren als zu Fortschritt führen.
Inzwischen leiten Sie den Ausschuss und verbreiten Optimismus. Wie ist dieser
Sinneswandel zu erklären?
Ich gebe zu, zum Anfang war ich nicht gerade ein Freund von diesem Ausschuss.
Mittlerweile sehe ich ein, dass bei der Fülle an Aufgaben und der Zielsetzung
ein Sonderausschuss die beste Lösung ist. In so fern gebe ich gern einen
Sinneswandel zu.
Das heißt, dass die bisherige Arbeit in dem Ausschuss das große Potenzial
und die Herausforderungen auf dem Seeberg erst wirklich verdeutlicht hat?
Allein zu sehen, wer derzeit alles den Seeberg nutzt und wer Nutzer
werden möchte, war so vielfältig und umfangreich, dass uns die Zukunftsplanung
noch mehrere Sitzungen beschäftigen wird.
Welche Leitsätze für die Entwicklung des Seeberges sollen die kommenden
Diskussionen und Abwägungen bestimmen angesichts der Vielzahl der Interessenten
für den Seeberg?
Man kommt an den Verwertungsinteressen der Telekom nicht vorbei. Da
gilt es einen Kompromiss anzustreben, um die Planungssicherheit für die
jetzigen Mieter zu garantieren.
Muss man sich unter Umständen von heutigen Nutzern, die durchaus Ideen
haben, verabschieden? Es werden nicht alle Interessen zu berücksichtigen sein.
Es gibt Überlagerungen. Das Haus 4 zum Beispiel wollen die
Internationale Schule und auch das Berolina Hotel nutzen. Der Verein zur
Förderung einer privaten Fachhochschule hat Interesse an der Hakeburg, aber
auch das Berolina Hotel und die Telekom haben Vorstellungen für die Hakeburg.
Oberste Priorität genießt die Idee das Campus’ …
Für mich in jedem Fall. Und ich denke auch für alle anderen
Gemeindevertreter.Und wenn man die Priorität im Campus sieht, kann es
passieren, dass etwas anderes hinten runter fällt.
Worauf stützt sich Ihr Optimismus zu sagen: Im Sommer haben wir zumindest
eine grundsätzliche Lösung.
Diese positive Einstellung ist dem Druck geschuldet. Die Internationale
Schule und die Waldorf-Schule brauchen Planungssicherheit. Und nicht nur das:
Ihnen brechen beantragte Fördermittel weg, wenn die Lösung nicht da ist. Wir
sind total unter Druck, dass eine Lösung im Spätsommer stehen muss. Oder wir
nehmen in Kauf, dass sich die Schulen anderweitig orientieren.
Beeinflusst dieses Unter-Druck-Stehen die Bereitschaft zu Kompromissen
gegenüber der Telekom?
Ich kann nur meinen Eindruck wiedergeben. Und da sehe ich die rigorose
Ablehnung einer Wohnbebauung, die die Telekom ja fordert, nicht mehr gegeben.
Ich glaube, alle haben verstanden, dass ein Kompromiss gefunden werden muss,
sonst geht das Ding den Bach runter.
Wird am Ende der Verhandlungen die Telekom ein zufriedener Partner sein?
Ich sage einfach mal ja. Zufrieden insofern, weil die Telekom das
Gelände schleunigst loswerden möchte. Sicherlich vielleicht nicht mit dem
finanziellen Erfolg, den sie sich einmal vorstellte.
Betrachten Sie die dabei jetzt diskutierten 60 Wohneinheiten als das
Höchstmaß, das verhandelbar ist?
Absolut. Die Telekom selbst hat nie von mehr gesprochen. Der Wunsch der
Telekom sind 60 Grundstücke a 1000 Quadratmeter. Das heißt, es sollen 60 000
Quadratmeter bebaut werden. Von diesem Maß möchten wir natürlich wegkommen und
ich möchte mit dem Ausschuss erreichen, dass weniger Häuser gebaut werden.
Inzwischen hat die Gemeindeverwaltung ein neues Flächenkonzept
vorgestellt. Wodurch zeichnet sich dieser Entwurf aus?
Es ist ein vertrauliches Konzept, insofern kann ich nicht viel dazu
sagen. Interessant ist es allemal, weil es bereits einen Kompromiss darstellt.
Gegenüber älteren Entwürfen sind darin viele Bereiche nicht mehr für eine
Wohnbebauung vorgesehen. Und wir kommen mit diesem Plan vielen Kritikern
entgegen, weil Rücksicht auf die Landschaftschutzgebiete genommen wird. Damit
ist eine Nadel gezogen, die vielen Leuten weh tat. Es ist ein guter Plan, aber
nicht mehr als ein Diskussionspapier. Es wird sich zeigen, wie die Telekom
darauf eingeht.
Sie selbst sind Mitglied in einem Förderverein zur Gründung einer
privaten Fachhochschule auf dem Seeberg. Gefährden Sie damit nicht Ihre Rolle
des Moderators, die Sie als Ausschussvorsitzender haben?
Nein. Alle, die in den letzten Ausschusssitzungen dabei waren, haben
gesehen, dass ich dies nicht tue. Ich muss aufpassen, das ist richtig. Doch ich
bemühe mich, nur als Moderator aufzutreten.
Warum ist der Seeberg so reizvoll für eine private Fachhochschule.
Weil sich das Gelände dafür fantastisch eignet. Es ist eine ideale
Ergänzung zum Campus. Jede Kommune beneidet uns um diesem Campus, wenn der so
funktioniert, wie er vorgesehen ist. Nach einer Internationalen Schule lecken
sich alle die Finger. Eine Waldorf-Schule ist eine sehr gute Ergänzung. Eine
kommunale Grundschule dazu, eine Waldorf-Kita, eine Music- und Danceschool und
dann noch eine Fachhochschule – was will man mehr.
Die Idee einer Fachhochschule gewinnt Gestalt durch einen Träger. Wie
erfolgreich waren die ersten Gespräche mit einem potenziellen Interessenten?
Ein Bildungsträger war vor wenigen Tagen bei uns, hat sich das Gelände
angesehen und die Hakeburg. Er war begeistert vom Areal und den Baulichkeiten
und vom Campus-Gedanken. Nun gilt es zwei Frage zu klären: Wie gehen die
Verhandlungen mit der Telekom aus. Und es muss mit spitzem Bleistift die ganze
Sache durchgerechnet werden.
Dieser Bildungsträger denkt daran, zu erwerben und zu investieren?
Es sind alle Varianten denkbar: Kauf, Anmietung, Erbaupacht.
Sie haben jüngst erwähnt, dass die Arbeit des Ausschusses auch weit über
den Sommer hinaus gehen wird. Was wird er über eine grundsätzliche Lösung
hinaus zu tun haben?
Es gilt viele Dinge zu klären, die außerhalb einer grundsätzlichen
Lösung liegen. Ich denke an die Gestaltung der kommunalen Grundschule. Dies
wird noch Monate in Anspruch nehmen und der Seeberg-Ausschuss wird noch eine
Weile seine Existenzberechtigung haben. Das Interview führte Peter Könnicke