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Potsdam - Mittelmark
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16.04.2004
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Entweder ganz oder gar nichtSPD-Landtagskandidat Jens Klocksin über sein Duell mit Jörg Schönbohm, die Region als Mittelzentrum und die Netzverknüpfung
Nach dem Aufstellen der SPD-Landesliste für die Landtagswahl im September taucht Ihr Name nicht auf den vorderen Plätzen auf. Sind Sie so siegesgewiss, das Direktduell gegen CDU-Landeschef Jörg Schönbohm zu gewinnen, so dass Sie auf eine Absicherung durch einen guten Listenplatz verzichten?
Im Wahlkreis 20 leben eine sehr engagierte Bevölkerung und eine sehr engagierte sozialdemokratische Basis. Ich bin sicher, dass dieser Wahlkreis direkt gewonnen werden kann. Und ich mache gleichzeitig deutlich: Meine Kandidatur ist eine Kandidatur ohne Netz und doppelten Boden, entweder ganz oder gar nicht.
Nun hat es sozialdemokratische Politik und Politik allgemein derzeit schwer im Bund, im Land. Nicht zuletzt Affären und Skandale, Ex-Minister Meyer gilt als jüngstes Beispiel, nagen an der Glaubwürdigkeit. Warum sollte man überhaupt noch in die Kraft der Politik vertrauen?
Gerade in unserer Region von Teltow bis Nuthetal ist festzustellen, wie sehr sich Menschen engagieren, ob in Bürgerinitiativen, in Vereinen oder Arbeitsgruppen. Ich glaube, dass jeder Versuch, sein Umfeld selbst zu gestalten, sinnvoll ist. Die Parteien können nur ein Teil dessen übernehmen. Ich bin auch nicht der Meinung, dass Parteien alles dominieren sollten. Aber ich bin sehr der Auffassung, dass Menschen in Parteien mit anderen Menschen, die in die gleiche Richtung denken, zusammenarbeiten sollten. Bestes Beispiel ist die Kommunalpolitik: Die lebt vom Bürgerengagement und zieht daraus ihre Kraft.
Die Landtagswahl gilt als Besondere, die so spannend ist, wie noch nie. Was entscheidet sich im September für Brandenburg?
Liberal oder autoritär! Ich glaube, dass es eine Weichenstellung für Brandenburg gibt, ob dieses Land ein modernes und weltoffenes ist, oder ob sich hier obrigkeitsstaatliche Züge ausprägen, die beim Koalitionspartner CDU seit geraumer Zeit nicht zu übersehen sind. Vor diesem Hintergrund denke ich, ohne den 19. September nun zur Entscheidungswahl hochstilisieren zu wollen: Es geht um die Zukunft Brandenburgs und darum, ob der nächste Ministerpräsident wieder Matthias Platzeck heißt - was übrigens die meisten im Lande wollen. Dafür lohnt es sich, engagiert aufzutreten.
Was muss die SPD dafür tun? Der Vorwurf, die Partei entferne sich von ihren traditionellen Werten, ihren Wurzeln, ist schließlich immer wieder präsent.
Je größer Parteien oder Gruppen sind, desto breiter werden sie in ihrer Binnenstruktur. Die SPD hat eine Vielfalt von Menschen gebündelt, die auch eine Vielfalt an Lebenserfahrungen haben. Ich glaube, dass auch die organisierte Arbeitnehmerschaft einen guten Platz innerhalb der SPD hat. Und ich bin sicher, dass die innerhalb der SPD geführten Diskussionen um die Neuausrichtung der Politik um die soziale Komponente der Agenda 2010 Wirkung zeigt. Deshalb bin ich sehr optimistisch, auch diejenigen wieder erreichen zu können, die in den vergangenen Monaten skeptischer waren, was die die sozialpolitische Kompetenz der SPD anbelangt.
Von der Agenda 2010 zur regionalen Agenda. Die Bürgermeister aus Stahnsdorf, Kleinmachnow und Teltow, fordern die Anerkennung der Region als Mittelzentrum. Stahnsdorfs Bürgermeister hat dies zu einem Wahlprüfstein für die hiesigen Landtagskandidaten erhoben. Ist das der richtige Ansatz?
Teltow, Kleinmachnow, Stahnsdorf sind faktisch ein Mittelzentrum. Es bedarf lediglich des formalen Status'. Die Frage der Zusammenarbeit dieser drei Kommunen wird sich aber nicht allein auf der abstrakten Ebene lösen lassen. Das muss konkret sein. Wir müssen Interessenausgleiche im Sinn von Lastenausgleich organisieren, beispielsweise bei Aufgaben der Infrastruktur, der Daseinsvorsorge oder bei der Gewerbeansiedlung. Die Diskussion um ein Mittelzentrum würde noch wirkungsvoller sein, wenn es gelänge, die Bevölkerung mitzunehmen. Ein Mittelzentrum sollte nicht nur ein verwaltungstechnischer Begriff sein, sondern wir sollten daran interessiert sein, dass auch eine regionale Identität ausgeprägt wird. Davon sind wir noch weit entfernt.
Ein Mittelzentrum sollte nicht verordnet werden, sondern zusammenwachsen?
Ein Verordnen von oben herab werden die Menschen nicht akzeptieren. Ein solches Vorgehen wäre eher der Politikverdrossenheit förderlich als der Bereitschaft, sich in das einzubringen, was da zusammenwächst. Wir haben eine Kommunale Arbeitsgemeinschaft Der Teltow, die hoffentlich bald wieder tagen wird. Aber wir brauchen mehr an regionalem Zusammenwirken, um sagen zu können: Wir in der Region leben, arbeiten und verbringen unsere Freizeit zusammen.
Eine klare Position wird in Ihrem Wahlkreis auch zur Netzverknüpfung erwartet. Der letzte SPD-Kreisparteitag ließ eine endgültige politische Vorgabe offen.
Die SPD Potsdam-Mittelmark hat deutlich gemacht, dass sie die Netzverknüpfung, die bei Lichte besehen die Verkürzung des Berliner Rings darstellt, für untauglich hält, um die verkehrlichen Probleme vor allem in der Potsdamer Innenstadt zu lösen. Der vermutete Entlastungseffekt und der drohende volkswirtschaftliche Schaden stehen in keinem Verhältnis. Potsdam als wichtige touristische Destination und möglicherweise künftige europäische Kulturhauptstadt und insbesondere die entlang der Trasse ansässige Hotellerie und Gastronomie würden Schaden nehmen. Ich denke, die Nullvariante ist die einzige verträgliche Variante. Die Autobahnbauer, die den Berliner Ring erstellten, haben damals auch überlegt, wie man die Trasse führt. Es wäre damals schon kein Problem gewesen, über die Seen zu gehen. Aber man hat es nicht getan, um diese einzigartige Naturlandschaft zu bewahren. Daran sollten wir uns heute auch erinnern.
Bei der Lektüre der jüngst veröffentlichten Wahlprogramme von CDU und SPD war bei Ihrer Partei zu lesen, dass man vom jetzigen dreigliedrigem Schulsystem abrücken will. Die CDU hingegen plädiert für diese Vielfalt. Nun kämpfen gerade in Teltow und Stahnsdorf Eltern, Schüler, Lehrer und Ortspolitiker um das Überleben der Real- und Gesamtschule. Kommen Sie in diesem Spannungsfeld gegenüber den Wählern nicht in Erklärungsnot?
Wir haben erst einmal die Aufgabe, für die Eltern Lösungen zu finden, die momentan in der Situation sind, ihre Kinder nicht in die 7. Klasse einer Schule ihrer Wahl schicken zu können. Wir werden uns aber auch grundsätzlich über die Neustrukturierung der Schullandschaft in dieser Region unterhalten müssen. Wir leben hier in einer Region mit wachsender Einwohnerschaft und vielen Kindern, in der wir versuchen sollten, die Vielfalt unserer Schullandschaft zu erhalten. Wir müssen aber realistischer Weise sehen, dass man gegebenenfalls konzentrieren muss, wenn sich die Nachfrage verändert.
Nach den gegenwärtigen Umfragen lautet der Wählerauftrag in Brandenburg: Bildung einer Großen Koalition, was momentan einen Regiewechsel bedeuten würde. Ist das ein vorstellbares Modell für Sie?
Es gibt vor jeder Wahl das gleiche Spiel: Alle möchten wissen, wie es nach der Wahl aussieht und wie wer in welchem Fall mit wem was macht. Die Antwort kann nur lauten: Am 19. September um 18.30 Uhr wissen wir alle mehr.
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