„Das Projekt ist gescheitert“
Die
GeWoG vermietet weniger Sozialwohnungen als erhofft. Nun soll sie
Gemeindezuschüsse zurückzahlen
Von Peter Könnicke
Kleinmachnow. Die Sache war gut gemeint und die Aussichten
günstig: Als die Kleinmachnower Gemeindevertreter vor anderthalb Jahren
beschlossen, den Bau und die Vermietung von altersgerechten und
behindertenfreundlichen Wohnungen im neuen Ortszentrum zu fördern, ging man
von einem rasanten Zugriff auf das Angebot aus: Von 120 Interessenten war
damals die Rede. Und so beschlossen die Abgeordneten, den sozialen
Wohnungsbau mit 1,57 Millionen Euro aus der Gemeindekasse zu unterstützen.
Jetzt, wenige Tage vor der Einweihung
des imposanten Ortszentrums, sieht die Situation etwas anders aus: Von den 52
Quartieren sind 30 vermietet, das Interesse ist merklich zurückgegangen. „Das
Projekt ist gescheitert“, konstatiert der WIR-Abgeordnete John Banhart. „Ein
Flop.“ Der Kauf der Wohnungen durch die Gemeindetochter GeWoG sei seinerzeit
ohnehin ein „Gefälligkeitsgeschäft“ für Kondor Wessels gewesen, wagte Banhart
eine riskante wie pikante These. Denn den als Investor im Ortszentrum tätigen
Baukonzern hätten Schwierigkeiten geplagt, Wohnungen und Läden zu vermarkten.
Unter der „treibenden Kraft des Bürgermeisters“ (Banhart) sei die Gemeinde
dem Konzern zur Seite gesprungen – mit einem viel zu hohen Preis, wie auch
der CDU-Parlamentarier Felix Enneking moniert. „10 Millionen Euro für 4500
Quadratmeter sind viel zu teuer“, befindet er. Führung und Aufsichtsrat der
Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft (GeWoG) hätten einem „solchen Geschäft
keinesfalls zustimmen dürfen“, rügt Enneking heute. Als „grob fahrlässige“
Fehlinformation wertet FDP-Gemeindevertreterin Kornelia Kimpfel die einstige
Prognose von über 100 Interessenten. Dass die Resonanz für die
Sozialwohnungen dürftiger ausfiel als erhofft, liege schließlich auch am
Preis. Bei 95 Quadratmetern sei die Miete von 6,75 Euro letztlich zu hoch.
„Die keinesfalls kleinen Wohnungen sind nicht wirklich altersgerecht“, meint
Enneking.
Wo kein Bedarf für Förderung ist, müsse auch nichts gefördert werden,
schlussfolgerten die Parlamentarier in den Reihen von CDU, FDP, UBK, WIR.
Auch die Grünen und die Sozialdemokraten befürchten eher Leerstand als
Komplettbelegung. Daher wurde sich in der Gemeindevertretersitzung am
Donnerstag bemüht, einen Teil der Millionen-Förderung zurück zu holen. Gegen
den Widerstand der Abgeordneten von PDS, PRO und Lokalunion, jenem Flügel der
Gemeindevertreter, der sich aus Alt-Parlamentariern rekrutiert und die sich
einst für den Sozialwohnungsbau aussprachen. „Wir haben jahrelang gekämpft,
für sozial Schwächere zu bauen“, wehrte sich Mathias Kleemann (PRO) gegen
einen Kurswechsel. Klaus-Jürgen Warnick, eifriger Verfechter geförderten
Wohnungsbaus, geißelte eine „unredliche Argumentation“. Er vermisse auf der
Gegenseite Ideen, wie die Wohnungen vermietet werden können. Durch eine
Änderung der Vergabekriterien – bislang sind lediglich Kleinmachnower, die
fünf Jahre im Ort leben, älter als 60 sind und ein Einkommenslimits nicht
übersteigen bezugsberechtigt – ließe sich das Angebot aufrecht erhalten. Es
ließe sich durchaus auf Teltower und Stahnsdorfer berechtigte erweitern.
„Doch lieber wird sich über die jetzigen Schwierigkeiten gefreut“, mutmaßt
Warnick. Die Vermietungsprobleme der GeWoG seien als willkommene Geldquelle
entdeckt worden: Mit dem geforderten Rückfluss des einst gewährten
Gemeindezuschusses ließen sich trefflich Wahlversprechen wie eine dritte
Grundschule bezahlen, vermag Warnick die vermeintlich wahren Absichten
aufzudecken. Dass damit die GeWoG als Gemeindeunternehmen, das „wir
jahrelange gefüttert haben, um stabile Mieten in Kleinmachnow zu haben, in
wirtschaftliche Schwierigkeiten gebracht werde, würde wohl billigend in Kauf
genommen. Ähnlich grummelte auch Bürgermeister Wolfgang Blasig (SPD), gleichwohl
er offiziell die Sorge um einen Leerstand der Sozialwohnungen legitim nannte.
Allerdings habe das Angebot vor allem in den vergangenen Wochen enormen
Zuspruch erfahren: Waren vor einem Monat erst 19 Wohnungen vermietet, sind es
inzwischen 30. Für zwei weitere gibt es Optionen. „Es ist eine Entwicklung
erkennbar“, so Blasigs leiser Appell, keine vorschnelle Entscheidung zu
treffen.
Überzeugen ließ sich die Mehrheit der Gemeindevertreter jedoch nicht. Zwar
stritten sich CDU und SPD über den Weg, wie ein Teil der bereits gewährten
Gemeindeförderung von der GeWoG zurückfließen soll. In der Sache indes blüht
Einigkeit. So herrscht zwischen beiden Parteien sowie bei den Grünen und
UBK/WIR Konsens, dass sich die GeWoG in den nächsten beiden Jahren bemühen
soll, jeweils 250 000 Euro an Rücklagen zu bilden und an die Gemeinde zu
zahlen. Zu dieser Regelung rang sich bereits am Montag der GeWoG-Aufsichtsrat
durch – wohlwissend um die Höhe der finanziellen Hürden. Zudem stimmte der
Aufsichtsrat zu, nicht alle der 52 Wohnungen wie vereinbart als
Sozialwohnungen zu vermieten und daher auf den Gemeindezuschuss zu
verzichten. Hierbei sind sich CDU und SPD jedoch uneins. Erstere beantragten,
22 Wohnungen von der Belegungsbindung freizustellen und dafür den Zuschuss
von je 12 500 Euro zurückzufordern. Die SPD will für 20 Wohnungen Geld
zurück. Kurios: In geheimer Abstimmung fanden beide Anträge eine Mehrheit.
Bürgermeister Blasig hat nun die Aufgabe zu bewerten, welcher Beschluss
weitreichender ist.
|