Von den Ereignissen überholt
Eigenherd-Schule
fehlte das Geld für Kopien: Elternbrief wollte vor sexueller Belästigung
warnen. Dann wurde die Sorge zur Realität
Von Peter Könnicke
Kleinmachnow. Die Polizei ermittelt zu einem Fall sexueller
Belästigung, der sich am 26. Januar im Umfeld der Kleinmachnower
Eigenherd-Grundschule ereignet hat. Auf dem Schulweg soll ein Exhibitionist
mehrere Schülerinnen belästigt haben. Zudem soll sich am gleichen Tag – nach
bislang unbestätigten Angaben – eine verdächtige Person auf dem Schulgelände
und im Schulhaus aufgehalten haben.
„Die Ermittlungen laufen noch“, bestätigte Polizeisprecherin Angelika
Christen gestern gegenüber den PNN. Der Einsatz von Zivilpolizisten nahe der
Schule führte zunächst zu keinem Erfolg. Derzeit werde einer Reihe von
Bürgerhinweisen nachgegangen.
Währenddessen erheben die Elternvertretung und die Wählerinitiative „WIR in
Kleinmachnow“ Vorwürfe gegen die Schulleitung. Besorgt über Vorfälle
sexueller Belästigungen nahe einer Grundschule in Wannsee und Potsdam wandte
sich der Schulelternrat bereits Anfang Januar mit einem Brief an die Eltern.
„Wir wollten nicht alarmieren, sondern lediglich sensibilisieren“, betont
Schulelternsprecher Karl Mollenhauer gegenüber den PNN. „Alle Eltern sollten
durch diesen Hinweis Gelegenheit bekommen, noch einmal über einen möglichst
sicheren Weg ihres Kindes und dessen Verhalten auf dem Schulweg
nachzudenken“, hieß es in den Schreiben. Dieses kam allerdings zunächst nicht
bei den Eltern an. Schulleiter Bernd Bültermann sah sich nicht in der Lage,
den Brief zu vervielfältigen. Auch der Förderverein der Eigenherd-Schule
vermochte nicht zu helfen. Drei Wochen blieb der Brief unkopiert. Erst als es
zu den exhibitionistischen Handlungen kam, wurde das Schreiben vervielfältigt
und an die 550 Eltern verschickt. Die Kosten übernahm die Gemeindeverwaltung.
„Wir mussten erst von den Ereignissen überholt werden, bevor gehandelt
wurde“, beklagt Mollenhauer. Es sei nicht das erste Mal, das eine
vertrauensvolle Zusammenarbeit „bürokratisch ausgebremst“ wurde, bedauert der
Schulelternsprecher. Dabei seien die Rechte der Elternvertretung im
brandenburgischen Schulgesetz verbrieft, wonach das Gremium mit Sachmitteln
auszustatten ist. Auch die Position des Fördervereins könne Mollenhauer nicht
nachvollziehen. Einerseits seien jüngst 5000 Euro für eine Fechtausrüstung
ausgegeben worden. Andererseits scheitere die immer wieder zugesagte
unbürokratische Hilfe an der Übernahme von Kopierkosten.
„Es ist für uns nicht akzeptabel, dass Herr Bültermann systematisch und
bewusst gegen geltende Gesetze verstößt und die Elternvertretung behindert“,
moniert auch die Wählergruppe „WIR“, die zwei Gemeindevertreter stellt und
ihre Wähler vor allem in der Elternschaft der Eigenherd-Schule hat. Dass der
letztlich versandte Rundbrief der Elternvertretung nicht mehr mit dem
ursprünglichen Datum vom 8. Januar gekennzeichnet war, ist für WIR der
Versuch der Schulleitung, die dreiwöchige Verzögerung „zu verbergen“.
Schulleiter Bültermann weist den Vorwurf vehement zurück, er unterdrücke die
Arbeit der Elternvertretung. Selbstkritisch räumt er ein, die „Situation
unterschätzt zu haben, so dass das Anliegen des Briefes eine bedauerliche
Brisanz“ bekam. Um Informationen der Elternvertretung in einem derart großen
Umfang zu vervielfältigen, reiche das Kopierkontingent der Schule jedoch
nicht aus. Jährlich stünden 5000 Freikopien zur Verfügung – für
Arbeitsblätter, Unterrichtsmaterialien und Informationen. Der Verweis auf
verbriefte Rechte der Elternvertretung sei bislang nie nötig gewesen. „Jetzt
wird es als Unterlassung dargestellt“, bedauert Bültermann. In seiner
14-jährigen Amtszeit als Schuldirektor habe er mit den Elternvertretern
„immer kollektive Ergebnisse“ erzielt. Den Verzicht auf die Datumsangabe in
den Rundschreiben nennt Bültermann keine bewusste Manipulation, sondern eine
„Schlappe, die ich problematisch sehen muss“.
Als eine erste Konsequenz aus den Vorfällen Ende Januar werden die Haupt- und
Nebeneingänge der Eigenherd-Schule während der Unterrichtszeit verschlossen.
Über eine elektronische Schließanlage wird nachgedacht. Um Eltern künftig
besser informieren zu können, will Bültermann bei der Gemeinde, die für die
Grundschule zuständig ist, eine Erhöhung des Sachmittelbudgets beantragen.
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