MAZ 10.10.09
KLEINMACHNOW - Die Kommission, die sich mit der Stasi-Vergangenheit des Kleinmachnower Gemeindevertretungsvorsitzenden Klaus Nitzsche befasst, hat einen sehr ungünstigen Eindruck vom Handeln des „IM Gerd“ in den 80er Jahren gewonnen. Das verlautete aus gut informierten Kreisen. Einzelne Passagen der MfS-Akten hätten gar Empörung hervorgerufen. Das Gremium kam zu dem Schluss, dass Nitzsche wegen der MfS-Spitzelei nicht zum Amt des Gemeindevorstehers geeignet sei.
Zur Expertenrunde, die nach Bekanntwerden von Teilen der Stasi-Akte Nitzsches im Mai von den Gemeindevertretern eingesetzt worden war, zählen der Leiter der Gedenkstätte Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, die Theologin Katharina Doyé aus Nuthetal, der ehemalige Kultusminister Hinrich Enderlein sowie die ehemalige Leiterin der Potsdamer Außenstelle der Birthler-Behörde, Gisela Rüdiger. Ein Minderheitenvotum legte Florian Havemann – er steht der Linkspartei nah – ein. Er beanstandete allerdings nur formale Aspekte. „Die Einschätzung der Kommission ist sehr deutlich“, heißt es. Die „Summe des Ganzen“ sei erdrückend.
Insbesondere die Meldungen, die der Wissenschaftler Nitzsche über einen ehemaligen Schulkameraden machte, erachtete das Gremium als schwerwiegend. Wie berichtet, hatte Nitzsche ausführlich über Lebensstil, persönliche Probleme und Bekanntschaften des in den Westen ausgewanderten Mannes an die Staatssicherheit berichtet („leidet unter Minderwertigkeitskomplexen“). Auch hatte „IM Gerd“ gepetzt, sein alter Bekannter habe Kontakt zu Leuten, die DDR-Bürger für Geld außer Landes schleusen könnten. Deutlich geht aus den Akten zudem hervor, dass Nitzsche seine Stasi-Kontakte nutzte, um sein neu erworbenes Haus in Kleinmachnow allein nutzen zu können, obwohl der Vorbesitzer dort Wohnrecht besaß. Die Führungsoffiziere des MfS beurteilten Nitzsches Verhalten als „berechnend, spielerisch und kaltschnäuzig“.
Der Ältestenrat der Gemeindevertretung wird am Dienstag Position zu dem Papier beziehen. Dieses Gremium der Fraktionsvorsitzenden wird von Nitzsche selbst geleitet, obwohl die Diskussionen seine Person betreffen. Nitzsches Stasi-Tätigkeit war in der Vergangenheit bereits von zwei Kommissionen in Kreis und Gemeinde durchleuchtet worden – mit anderem Ergebnis. Nitzsche, erster Nach-Wende-Bürgermeister Kleinmachnows, behielt seine Ämter. (Von Ulrich Wangemann)