MAZ 25.09.09
POTSDAM - Von den Landtags-Wahlkreisen im Potsdamer Umland fasziniert vor allem der mit der Nummer 20 (Teltow, Kleinmachnow, Stahnsdorf, Nuthetal) politische Beobachter. Nur dort treten mehrere Spitzenkandidaten ohne Fallnetz an – und keiner von ihnen hat einen Amtsbonus. „Am Sonntag geht es um die Wurst“, sagt CDU-Frontmann Gerhard Enser. Holt er das Mandat nicht im direkten Vergleich, hat er keine Chance, noch über die Landesliste ins Landesparlament einzuziehen – seine Platzierung ist zu schlecht. Nur wenig besser geht es seinem Kontrahenten Sören Kosanke. Die SPD hat ihren Landes-Juso-Vorsitzenden beim Marsch auf den Potsdamer Kreml nur nachlässig abgesichert: Listenplatz 33 reicht dem 31-Jährigen im Fall einer Erststimmen-Niederlage nur, wenn die SPD ihr Ergebnis deutlich verbessern kann. Entsprechend gereizt ist die Stimmung im Wahlkreis – die SPD nahm mit Tamtam Anstoß an Stahnsdorfs Ex-Bürgermeister Ensers Umgang mit der „Schlips-Pauschale“. Der Angegriffene seinerseits ließ, als Unbekannte CDU-Plakate verunstaltet hatten, seine Ehefrau in einem Web-Forum auf Kosanke los, („Die linken Aktivisten schmieren und zerstören. Das hatten wir schon in der Geschichte!“).
Nach dem Motto „Selbst ist der Mann“, muss auch Klaus-Jürgen Warnick von der Linkspartei um Wähler kämpfen. Allein der FDP-Kandidat Hans-Peter Goetz kann für den Fall, dass die Liberalen den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde schaffen, ganz sicher ein Abgeordnetenbüro beziehen: Götz – FDP-Generalsekretär im Land – führt die FDP-Liste an.
Zurücklehnen kann sich nur Jens Klocksin, der vor fünf Jahren für die SPD das Direktmandat gegen Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) geholt hatte: Klocksin scheidet aus dem Parlament aus.
Weich fallen dürften die unterlegenen Hauptkonkurrenten dagegen im spannenden Wahlkreis 19 (Werder, Michendorf, Schwielowsee und einige Ortsteile Potsdams). Saskia Funck, Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion und Wahlkreisbeste 2004, hat einen Top-Listenplatz ebenso wie ihre SPD-Konkurrentin Susanne Melior, die auch im Landtag sitzt. Dick in Schaumstoff gepackt ist auch Andreas Bernig von der Linkspartei mit einem komfortablen Listenplatz 10. Nicht einmal die Liberale Marion Vogdt ist chancenlos, unterliegt sie erwartungsgemäß im Direktvergleich. Mit Listenplatz sieben könnte sie bei gutem Abschneiden der FDP – sieben bis acht Prozent – einen Abgeordnetensitz erhalten. Westlich von Werder ist das Klima rauher. In Wahlkreis 16, zu dem Groß Kreutz gehört, tritt zwar mit Andreas Kuhnert (SPD) ein langjähriger Mandatsträger an – Kuhnert, der seit 1990 im Parlament ist, muss allerdings gewinnen, denn sein Listenplatz 43 ist ziemlich aussichtslos. 2004 hatte Kuhnert gerade einmal 300 Stimmen Vorsprung vor seinem aktuellen Rivalen Bernd Lachmann (Linkspartei). Lachmann ist allerdings auch ohne Listen-Sicherheitsgurt unterwegs. Ein wenig hoffen darf Amtstierarzt Knut Große (CDU). Er könnte beim Scheitern seiner Direktbewerbung auf Listenplatz 22 noch in den Landtag rücken. (Von Ulrich Wangemann)