MAZ 01.07l09
STAHNSDORF - Mit einer neuen Strategie soll der Wildschweinplage in Stahnsdorf begegnet werden. „Wir werden einen Gemeindejäger bestimmen, der in den bewohnten Gebieten auf Wildschweine schießen darf“, sagte Bürgermeister Bernd Albers (Bürger für Bürger) gestern zur MAZ. Insbesondere soll der Bestand an Frischlingen massiv reduziert werden.
Das Konzept ist das Ergebnis eines Treffens am Montag, an dem Vertreter der Oberen und Unteren Jagdbehörde, Jagdpächter und Vertreter der drei Nachbarorte Stahnsdorf, Kleinmachnow und Teltow teilnahmen. In den beiden letztgenannten Kommunen soll nun geprüft werden, ob die Stahnsdorfer Strategie übernommen wird.
Der für die Region zuständige Jagdpächter Hans Diwiszeck hatte zuvor erklärt, dass er mit der Jagd in den Ortskerne „überfordert“ sei. Er beschäftige sieben Jäger, die sein Pachtland von rund 500 Hektar bewirtschaften. Diwiszeck bleibt aber zuständig für „Wälder und Felder“ und wird mit den jeweiligen Gemeindejägern kooperieren. „Wir werden weiterhin Wildschweine schießen, damit sie gar nicht in die Orte vordringen können“, sagte der 83-Jährige zur MAZ.
Bei der Besprechung ermutigte die Obere Jagdbehörde nach Informationen der MAZ die Jäger ausdrücklich, Frischlinge zu schießen. „90 Prozent des Nachwuchses müssen weg, sonst ist das Problem nicht in den Griff zu bekommen.“ In den Ortskernen soll nun der „Schrotschuss“ erlaubt sein. Rechtlich zulässig ist er bei jungem Wild bis zu 15 Kilogramm. Nur mit Schrot sei es möglich, eine signifikante Zahl an Frischlingen zu erschießen, heißt es aus Kreisen versierter Jäger.
Der Abschuss von Frischlingen bis zu zehn Kilogramm Gewicht wird nach der neuen Konzeption mit einer Aufwandsentschädigung für den Jäger vergütet. „Dieses Wild ist wirtschaftlich nicht verwertbar, die Jäger haben aber Kosten“, so Bürgermeister Albers. Bei geschossenem Wild über zehn Kilo hat der Jäger „Aneignungsrecht“, kann das Tier also selbst verkaufen.
In den bewohnten Teilen von Stahnsdorf, Kleinmachnow und Teltow darf im Normalfall nicht geschossen werden. Es gibt inzwischen allerdings zahlreiche Ausnahmegenehmigungen für Grundstücke, die unter der Wildschweinplage besonders stark leiden. Die neue Strategie enthält den Vorschlag, dass nun die Ordnungsämter einen „Pauschalantrag“ zur Jagderlaubnis in den Ortskernen stellen. Die Gemeindejäger würden dann im Auftrag der Kommune die Wildschweine erlegen dürfen.
Experten warnen aber davor, das Jagen insbesondere mit Schrot in bewohnten Gebieten auf die leichte Schulter zu nehmen. „Die Gemeindejäger sollten berufsmäßige Waffenträger wie zum Beispiel Polizisten sein, die bei heiklen Situationen nicht den Kopf verlieren.“
Laut Bürgermeister Albers ist die Gemeinde bereits mit drei Kandidaten im Gespräch, die als Gemeindejäger in Frage kommen. „Wir wollen auch eine Futterstelle für Wildschweine einrichten, damit der Abschuss dort erleichtert wird.“ Damit dies funktioniere, sei es aber entscheidend, dass die Einwohner auf das Füttern der Tiere verzichten und ihre Grundstücke mit Zäunen sichern. (Von Jürgen Stich)