MAZ 19.06.09

 

 

SENIOREN: Selbstbestimmt und barrierefrei

Podiumsdiskussion übers Älterwerden

STAHNSDORF - Wie fängt man eine Podiumsdiskussion über Seniorenpolitik und das Älterwerden in Brandenburg an? Indem man dem Jüngsten in der Runde die erste Frage stellt. Der 32-jährige Sören Kosanke (SPD), jüngster der fünf Kandidaten, die sich am 27. September um ein Landtagsmandat im Wahlkreis Teltow, Kleinmachnow, Stahnsdorf und Nuthetal bewerben, konterte: Persönliche Betroffenheit sei nicht immer der beste Ratgeber. Und er zitierte Regine Hildebrandt: „Der tiefere Sinn des Lebens liegt im Miteinander.“

Neben Kosanke diskutierten gestern Hans-Peter Goetz (FDP), Gerhard Enser (CDU), Klaus-Jürgen Warnick (Linke) und Thomas Michel (Grüne) im Stahnsdorfer Gemeindezentrum. An einen Tisch brachte sie die Akademie „2. Lebenshälfte“, die MAZ-Journalisten Konstanze Wild und Jürgen Stich moderierten die Debatte.

Eine der Fragen: Wie können die Kompetenzen der Älteren in der Arbeitswelt besser genutzt werden? Der Jugendwahn ist zwar vorbei, noch aber haben ältere Jahrgänge auf dem Arbeitsmarkt eher schlechte Karten. Für Warnick, der bei seiner Oma aufwuchs und von ihr seine soziale Ader hat, bleibt das zumindest in den großen Unternehmen auch so, „solange der Profit das Maß der Dinge ist“. Gleichwohl würde er sich – wenn er Unternehmer wäre – eine Mischung aus jungen und alten Mitarbeitern wünschen. „Ältere sind pünktlich und gehen auch mit 39 Grad Fieber zur Arbeit.“ Enser verwies auf den demografischen Wandel, der bekanntlich dazu führt, dass die Gesellschaft altert – ergo die Zahl der jungen Leute abnimmt. Deshalb: „Wir brauchen die älteren Menschen und ihre Kompetenz.“ Zudem gelte das Kürzel AEG: Aus Erfahrung gut.

Für Goetz ist das Umdenken schon im Gange, auch wenn sich der Prozess langsam vollziehe. Weil zu wenig junge Ingenieure nachkommen, seien Unternehmer bereits froh, wenn Kollegen kurz vor der Rente sagen, sie machen weiter. Außerdem sorge der technologische Wandel dafür, dass viele Arbeiten bis ins hohe Alter möglich sind. Das entscheidende Thema sei Bildung – der Schlüssel für den Zugang zur Arbeitswelt. Gerade bei der Weiterbildung der Älteren fahre das Land sein finanzielles Engagement aber herunter, wandte Akademie-Chefin Ingrid Witzsche ein und bekam recht: Das Land entlastet seinen Etat auf Kosten der Kommunen, so Goetz.

Und wie würden die Kandidaten im Alter gern wohnen? Grünen-Kandidat Thomas Michel spannte den Bogen am weitesten: In einer Umwelt, in der man die Luft atmen kann und „uns das Wasser nicht bis zum Halse steht“. Und: So lange wie möglich selbstbestimmt leben – in einer barrierefreien Region mit gutem ÖPNV-Angebot, da waren sich alle einig. Beim Votum zur Straßenbahn, die von Potsdam nach Teltow fahren könnte, war die Einigkeit vorbei: Es gab zwei Ja (Kosanke und Michel), zwei Nein (Goetz und Enser) und ein Jein – von Warnick, der die Tram auf kurze Sicht ablehnt, langfristig aber befürwortet. (jst)