MAZ 26.03.09
Die Kleinmachnower entscheiden am Sonntag, wer neuer Bürgermeister wird. Mit den beiden Kandidaten sprachen Konstanze Wild, Jürgen Stich und Ulrich Wangemann.
MAZ: Herr Grubert hat mittlerweile mehr als 2500 Hausbesuche in der Gemeinde gemacht. Herr Warnick, gestehen Sie die Niederlage im Klinkenputzen ein?
Klaus-Jürgen Warnick: Ich bin vorsätzlich nicht Klinken putzen gegangen, habe viel Negatives darüber gehört. Es passt nicht zu mir. Viele Kleinmachnower fanden es nicht gut, dass Herr Grubert bei ihnen war. Andererseits hat sein Wahlkampf Wirkung gezeigt.
Wie haben sie’s erlebt, Herr Grubert?
Michael Grubert: Positiv, nur zwei Bürger von 2800 haben die Tür wieder zu gemacht.
Wie hat sich ihr Kontrahent Herr Warnick im Wahlkampf geschlagen?
Grubert: Jeder muss den Wahlkampf machen, der auf seine Person passt. Herr Warnick arbeitet seit 20 Jahren in der Gemeinde. Ich meinerseits wollte mit den Besuchen auch deutlich machen, dass ich für einen neuen Abschnitt stehe und eine andere Person bin als der alte Bürgermeister. Ich möchte vom ersten Moment an Ansprechpartner für alle Kleinmachnower sein. Ich kann auf Leute zugehen und das habe ich im Wahlkampf gemacht.
Herr Warnick hat schon nach dem ersten Wahlgang den Ton vorgegeben. Er fordert den Bruch mit der Blasig-Ära. Wie wollen Sie das bewerkstelligen, Herr Grubert?
Grubert: Man muss nicht mit der Blasig-Ära brechen. Kleinmachnow hat sich bis heute sehr gut entwickelt. Der Europarc etwa beschert uns fünf Millionen Euro jährlich an Gewerbesteuereinnahmen. Das ist Geld, das wir in der Gemeinde haben. Ich will aber ganz klar sagen, dass ich die Qualität des Ortes behutsam herausarbeiten will – bei 20000Einwohnern.
Sie, Herr Warnick, sitzen seit langem in der Gemeindevertretung, gestalten den Ort unter anderem als Vorsitzender des Finanzausschusses mit. Braucht Kleinmachnow einen Bruch mit der Blasig-Ära?
Warnick: Ich denke schon. Es fängt im Land an. Es gibt eine sehr starke SPD-Connection. Man stützt sich gegenseitig, verteilt Posten an Vertraute. Es haben sich Beziehungsgeflechte aufgebaut, die vielleicht nicht immer nur von Vorteil für Kleinmachnow waren. Ich komme von außen, stecke in diesen Geflechten nicht drin, weiß aber relativ gut Bescheid über diese Kontakte. Ich könnte das Netz aufbrechen. Außerdem gab es eine zu große Nähe zu bestimmten Investoren. Wolfgang Blasig hat darüber hinaus Politik von oben gemacht, ist nicht auf die einzelnen Fraktionen zugegangen. Das war ein Fehler. Mitunter wusste nicht einmal seine SPD-Fraktion etwas von den Anträgen der Verwaltung. Viele Probleme wie die Kammerspiele oder das Schwimmbad hat er ausgesessen. Wir haben aber auch viel richtig gemacht in Kleinmachnow. Daran hat auch Wolfgang Blasig seinen Anteil.
Herr Grubert, sind sie als langjähriger Geschäftsführer der kommunalen Wohnungsgesellschaft Teil eines Sozi- Netzwerks?
Grubert: Nein. 1991 habe ich die Ausschreibung zum Geschäftsführer der Gewog gegen 50 Mitbewerber gewonnen. Den Job habe ich ohne Geflecht bekommen. Herr Blasig war damals übrigens bei Bündnis 90. Ich habe keine Kommunalpolitik, sondern meinen Job als Geschäftsführer gemacht und es innerhalb der Partei nicht einmal zum Beisitzer gebracht. Was die viel kritisierten Investoren angeht: Ich habe als Geschäftsführer der Gewog zum Zweck der Wohnraumsicherung genau ein Gebäude von Kondor Wessels erworben – mit Zustimmung des Aufsichtsrates, in dem Herr Warnick sitzt. Mit Kondor Wessels habe ich keine Connection und werde auch als Bürgermeister keine haben. Und ich verhehle nicht: Das neue Gebäude am Rathausmarkt finde ich zu monströs – eine Enttäuschung für Kleinmachnow.
Dieses Jahr jährt sich die Wende zum 20. Mal. Wie viel DDR steckt noch in Kleinmachnow und sollte Ihrer Ansicht nach noch drin stecken, Herr Warnick?
Warnick: Wir wissen, dass wir noch 20 Prozent alte Kleinmachnower haben. Schaue ich mir meine Wahlergebnisse an, müssen mich zu 50 Prozent neue Kleinmachnower gewählt haben. Mein Wahlergebnis ist Ausdruck des hohen Bildungsstandards der Kleinmachnower Bevölkerung. Die Bürger lassen sich nicht durch Parolen wie „Vorsicht, das ist ein Linker!“ beeinflussen. Wenn mir der Wahlsieg gelingen würde, wäre das deutschlandweit ein Zeichen für das Zusammenwachsen von Ost und West.
Wie wollen Sie sozialistische Politik im Lokalen umsetzen?
Warnick: Sozialistische Politik steht im Kommunalen ganz hinten. In Kleinmachnow bricht im Falle meiner Wahl nicht am 1. April der Sozialismus aus. Das ist Humbug. Michael Grubert wird auch keine sozialdemokratische Politik machen können. Wir wissen beide, dass es um das Schwimmbad, die Kammerspiele und den Seeberg geht.
Grubert: Ich habe eine sozialdemokratische Grundhaltung. Ein Bürgermeister hat aber nur eine von 29 Stimmen im Gemeindeparlament. Ich stehe dafür, dass ein jüngerer Mensch Politik für alle umsetzen kann. Kleinmachnow soll wieder mehr zum Lebensmittelpunkt der Bürger werden.
Sie würden es beide mit einem bürgerlichen Machtblock zu tun haben. Was soll der neuzugezogene Wohlhabende am Sozialisten Warnick mögen?
Warnick: Durch die Gemeindevertretung querbeet Mehrheiten zu organisieren, traue ich mir zu. Schwierig ist es vor allem bei der SPD, weil die nicht einheitlich ist. Das Regieren würde mir überhaupt nicht schwer fallen.
Herr Grubert, Sie sind jetzt der Kandidat der CDU. Was sollen die bürgerlichen Wähler an Ihnen mögen?
Grubert: Meine Vita ist bürgerlich, ich bin ein Bürgerlicher. Ein ganz normaler Sozialdemokrat. Es gibt aber einen Riesenunterschied zu dem, was Herr Warnick sagt: Ich will nicht Mehrheiten mit einzelnen Parteienvertretern organisieren, sondern die Bürger im Vorfeld einbinden, wenn die Verwaltung Vorlagen erarbeitet. Eine Entscheidung von 14 zu 13 führt dazu, dass die 13 Unzufriedenen eine entsprechende Stimmung kolportieren. Ob Waldorfschule, Seeberg oder Sicherung der Grundschule – ich will einen größeren politischen Konsens. Herr Warnick redet immer von 20 Jahren Politik und seinen Erfahrungen im Landtag. Aber das will ich nicht.
Warnick: Auch ich will stabile und starke Mehrheiten. Das widerspricht sich nicht. Wir wollen beide dasselbe. Aber Herr Grubert weiß noch nicht so genau, wie das läuft, weil er es noch nie gemacht hat. Wenn man zehn Jahre Erfahrung hat, weiß man dagegen, wie man verhärtete Fronten aufbricht, wie man an die Leute ran geht.
Sind Sie so ein Greenhorn, wie Herr Warnick sagt, Herr Grubert?
Grubert: Nein. Ich arbeite schon 18 Jahre in der Gemeinde und stelle seitdem als Gewog-Geschäftsführer jedes Jahr meine Jahresabschlüsse in der Gemeindevertretung vor. Mein Aufsichtsrat besteht aus elf Mitgliedern, davon sieben Gemeindevertreter. Ich bin also kein Greenhorn und traue mir zu, für das Gemeindeparlament Vorlagen vernünftig vorbereiten und die dort gefassten Beschlüsse zielgenau umsetzen zu können.
Herr Warnick, sie sitzen im Gewog-Aufsichtsrat. Was sind die Stärken des Geschäftsführers Michael Grubert?
Warnick: Ich kann mit ihm immer offen und ehrlich reden. Gemeinsam haben wir für die Mieter Lösungen gefunden. Kurz – ich könnte mir vorstellen, dass er auch weiterhin als Geschäftsführer gute Arbeit machen würde. Natürlich muss man sagen, dass Kleinmachnow privilegiert ist, was die Wohnungssituation angeht, so dass sich in diesem Bereich nicht die ganz großen Probleme ergeben.
Grubert: Das stimmt nicht. Denken Sie an die 1990er Jahre zurück. Es war ja kein Zufall, dass wir den Bundesbauminister zwei Mal hier hatten. Das Restitutionsproblem war riesig und es ist auch dem Einsatz der Gewog, dem Aufsichtsrat und dem Geschäftsführer zu danken, dass Lösungen gefunden wurden. Das hat sich in den vergangenen Jahren normalisiert.
Nach wie vor ein heißes Thema ist die Entwicklung auf dem Seeberg. Was soll dort geschehen, Herr Grubert?
Grubert: Der Seeberg muss als Schulstandort erhalten bleiben. Dazu gehören der Neubau eines Waldorf-Kindergartens und die kommunale Grundschule. Aber auch die Internationale Schule hat ein Recht darauf, sich zu entwickeln. Meine erste Amtshandlung wäre ein Gespräch mit dem Geschäftsführer der Internationalen Schule unter Einschluss der Fraktionsvorsitzenden, um die verfahrene Situation zu klären.
Die Verträge zum Seeberg sind geschlossen. Was kann ein künftiger Bürgermeister da noch bewegen, Herr Warnick?
Warnick: Es war ein Fehler, die dritte Grundschule auf fremdem Eigentum einzurichten. Dagegen habe ich als Gemeindevertreter immer gestimmt. Jetzt sind wir in einer schwierigen Lage. Zunächst müssen alle neuen Gemeindevertreter auf Stand gebracht werden, welche Vereinbarungen es für den Seeberg gibt. Hinter die Verträge mit der Internationalen Schule kommen wir nicht mehr zurück. Wenn es dennoch unterschiedliche Vorstellungen gibt, werde ich mit allen Seiten Gespräche führen.
Herr Grubert, wird es auch bei der Planung für das Kirchenzentrum im alten Dorfkern mehr Tempo geben?
Grubert: Ich bekenne mich zum Neubau im Dorfkern und halte den Standort für ideal, was das Zusammenwachsen der Region angeht. Die Entwicklung muss aber behutsam vorangetrieben werden.
Warnick: Ich sehe das kritischer. Meine Sympathie gehört einem Gemeindezentrum, das an Stelle der ehemaligen Wirtschaftsgebäude längs der Straße entsteht. Der geplante Saal neben der Dorfkirche für 700 Leute ist für mich einfach zu groß, viele Bäume müssten fallen und auch das Parkplatzproblem ist dann nicht zu lösen.
Die Jugendlichen machen derzeit den Spielplatz am Rathausmarkt unsicher. Soll das so bleiben, Herr Warnick?
Warnick: In keinster Weise. Wir brauchen mehr Begegnungsstätten für die unterschiedlichen Jugendgruppen. Kurzfristig brauchen wir einen zweiten, langfristig sogar noch eine dritten Jugendclub. Auch das Angebot im kulturellen Bereich muss dringend verbessert werden. Aber eins ist auch klar: Um Auswüchse und Randale besser in den Griff zu bekommen, brauchen wir ein personell stärkeres Ordnungsamt.
Reicht ein weiterer Jugendclub denn aus, Herr Grubert?
Grubert: In Kleinmachnow leben 4200 Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre. Ich will bereits im Mai oder Juni einen Tag der Vereine und Initiativen im Rathaussaal organisieren, damit die Jugendlichen die bereits bestehenden Angebote erst einmal kennenlernen. Kurzfristig muss natürlich investiert werden, auch ich denke da wie Herr Warnick an die Eröffnung eines zweiten Jugendclubs. Vielleicht wären die Kammerspiele ein geeigneter Ort.
Der Landkreis baut ein drittes Gymnasium. Wohin soll es?
Grubert: Nach Stahnsdorf an die Heinrich-Zille-Straße.
Warnick: Natürlich Stahnsdorf. Kleinmachnow hat schon fünf Gymnasien.
Braucht Kleinmachnow eine Gesamtschule?
Warnick: Eindeutig ja. Die Maxim-Gorki-Gesamtschule muss erhalten bleiben.
Grubert: Da stimme ich voll zu. Woran wir aber arbeiten müssen, ist das Profil der Schule.
Diese Einigkeit ist unheimlich. Herr Grubert, was nervt Sie denn an Herrn Warnick?
Grubert: Ich weiß, wie die Kleinmachnower ticken, und zwar sowohl die Alteingesessenen, als auch die Zuzügler. Meine Art ist offener, ich stehe für einen anderen Stil als Klaus-Jürgen Warnick.
Und was stört Sie an ihrem Gegenkandidaten, Herr Warnick?
Warnick: Ich glaube, dass ich der bessere Bürgermeister wäre. Herr Grubert hätte es schwerer und das hat mit seiner Persönlichkeit zu tun.