MAZ 28.02.09

 

Ein Haus für Spitzel Nitzsche

POLITIK Gemeindevertretungs-Chef hat von der Stasi Vorteile angenommen und Bekannte verraten

KLEINMACHNOW - Der Vorsitzende der Kleinmachnower Gemeindevertreterversammlung Klaus Nitzsche (SPD) hat handfeste Vorteile aus seiner zehnjährigen Stasi-Zuträger-Tätigkeit gehabt. Das geht aus seinen MfS-Akten hervor. Demnach hat der Wissenschaftler und Inoffizielle Mitarbeiter „Gerd“ seine Stasi-Kontaktleute gebeten, ihm ein Haus zur alleinigen Verfügung zu überlassen. Diese Bitte, so heißt es in den Akten, sei ihm gewährt worden.

Nitzsche ist unter Druck, seit Einzelheiten seiner Spitzeltätigkeit bekannt wurden, die er bisher verschwiegen hatte (MAZ berichtete). In den jetzt aufgetauchten Dossiers sind belastende Seiten enthalten, von denen die Kommisionen des Kreistags und der Gemeinde, die Nitzsches Vergangenheit ab 2002 durchleuchteten, offenbar keine Kenntnis hatten. Kreis und Gemeinde hatten Nitzsches MfS-Belastung nicht als schwerwiegend eingeschätzt.

In den 428 Seiten enthalten ist ein detaillierter Bericht (1985) von Nitzsches Führungsoffizier über Gespräche seines IM mit einem Schulkameraden (siehe Kasten), der in West-Berlin wohnte. Spitzel Nitzsche erzählt, dass der Bekannte Fluchthelfer kenne. IM Gerd lässt sich ausführlich zum Privat- und Berufsleben des Mannes aus, nennt Namen, Adressen und eine Telefonnummer. Er erwähnt rechtliche Schwierigkeiten seines Mitschülers.

Aus dem Kleinmachnower Intelligenz- und Künstler-Klub „Joliot Curie“ liefert IM Gerd eine Vielzahl von Namen und Einschätzungen, etwa über ein Paar, das „mit dem Altwerden nicht zurecht“ komme. Auch berichtet er von Streitigkeiten in der Klubleitung. „Ich finde das skandalös. Herr Nitzsche kann nicht mehr behaupten, niemandem geschadet zu haben“, sagte gestern Wolfgang Jordan (FDP), der in beiden Prüfkommissionen saß. Der Bericht zu Nitzsches West-Bekannten hätte seiner Überzeugung den Gremien nicht vorgelegen, sagte Jordan. Im Licht der neuen Akten sagte Jordan: „Ich distanziere mich deutlich von Doktor Nitzsche.“ Felix Enneking (CDU), ebenfalls Kommissions-Mitglied, sieht es ähnlich: „Wenn wir das gewusst hätten, hätten wir Herrn Nitzsche massiv aufgefordert, sein Mandat aufzugeben. Man muss sich neu damit befassen.“ (Von Ulrich Wangemann)