MAZ 03.02.09
KLEINMACHNOW - Die Qualifizierungsoffensive des Landkreises Potsdam-Mittelmark für Tagesmütter und -väter soll konkretere Formen annehmen. Nach Informationen der SPD-Kreistagsabgeordneten und Kleinmachnower Gemeindevertreterin Nina Hille, ist geplant, den Tageseltern eine Weiterbildung anzubieten. Ziel wäre der staatlich anerkannte Abschluss „Erzieher“. 90 Prozent der Kleinmachnower Tageseltern haben laut Hille bislang keine entsprechende Ausbildung. „Von einer Qualifizierung würde das ganze Tagespflege-System profitieren“, so Hille.
Wie berichtet, wird der Landkreis in diesem Jahr zusätzlich 900 000 Euro und damit insgesamt 3,1 Millionen Euro für die Tagespflege ausgeben. Die Bezahlung der Betreuer richtet sich rückwirkend zum 1. Januar 2009 jetzt nach der Qualifikation. Bei der Pflege von fünf Kindern für acht Stunden am Tag erhält eine Tagesmutter ohne Abschluss monatlich 2562 Euro. Als studierte Erzieherin wären es rund 3200 Euro.
Die Kreisverwaltung habe im Jugendhilfeausschuss des Kreistags angekündigt, dass für Tageseltern an der Dietrich-Bonhoeffer-Schule in Teltow eine dreijährige Erzieher-Ausbildung angeboten werden soll, sagte Hille. Die Fachschule für Sozialwesen gehört zum Evangelischen Diakonissenhaus Berlin-Teltow-Lehnin. Gedacht sei an Kurse Freitagnachmittag und Samstag, insgesamt würde das Studium 1000 Stunden umfassen.
Benita Kasten von der „Arbeitsgruppe Tagespflege“ des Kreises und der Kleinmachnower Tagesvater Rüdiger Schreckert halten das Qualifizierungs-Modell allerdings noch für unausgegoren. Auf die Tageseltern würden nämlich nicht nur 65 Euro Kursgebühr im Monat zukommen, auch der Verdienstausfall am Freitag wäre zu tragen. Schreckert geht davon aus, dass er einen Verlust von rund 400 Euro abfangen müsste, wenn er die Erzieher-Ausbildung machen würde.
Die Kleinmachnower Verwaltung und die Gemeindevertreter hätten dieses Problem erkannt, so Hille. Im Haushalt 2009, der demnächst beschlossen werden soll, seien deshalb 100 000 Euro für die Tagespflege eingestellt worden. Für die SPD-Politikerin liegt es nahe, dass dieses Geld in erster Linie dazu verwandt werden sollte, den Verdienstausfall derjenigen Tageseltern auszugleichen, die sich für eine Weiterbildung entscheiden.
Die Leiterin des Kita-Eigenbetriebs im benachbarten Teltow, Solveig Heyn, hält das Kleinmachnower Vorhaben für „sehr bedenkenswert“. Auch in Teltow werde geprüft, ob die Kreis-Zuschüsse an Tageseltern durch eine kommunale Förderung aufgestockt werden sollten. „Wir warten allerdings noch auf die neue Richtlinie des Kreises, bevor wir aktiv werden.“
Stahnsdorfs Bürgermeister Bernd Albers (Bürger für Bürger) will das Thema auf die Tagesordnung des Sozialausschusses am 24. Februar setzen. „Einen Zuschuss könnten wir allerdings nur in einem Nachtragshaushalt unterbringen.“ Kritik übte Albers am Kreis. „Dort hätte man erkennen müssen, dass sich viele Tageseltern die angebotene Weiterbildung nicht leisten können.“
Ob der anvisierte Kurs an der Teltower Fachschule überhaupt zustande kommt, ist allerdings noch gar nicht sicher. Schulleiterin Christiane Hofschultz bestätigte auf MAZ-Nachfrage gestern zwar, dass es Gespräche mit dem Kreis darüber gegeben habe, will aber erst konkrete Planungen einleiten, „wenn mindestens 20 Anmeldungen vorliegen“.
Außerdem müsse das Bildungsministerium der Ausbildung zustimmen, weil es sich um einen staatlich anerkannten Abschluss handle. Wie man in Potsdam auf den Antrag aus Teltow reagieren werde, sei aber völlig offen. (Von Jürgen Stich)