MAZ 20.10.08

 

BILDUNG: Martin Semmelrogge war auch "Waldi"

Waldorfschule öffnete ihre Türen

KLEINMACHNOW - Waldorfschüler müssen es während ihrer Schulzeit ertragen, als „Baumschüler“ gehänselt zu werden. Ihrem Ruf jedoch, zu lebensfremden Exoten heranzuwachsen, werden sie nicht gerecht. Mehr als sechs von zehn ehemaligen Schülern haben das Abitur, fast fünf von zehn „Waldis“ sogar ein Hochschulstudium abgeschlossen. Weitaus mehr als Absolventen von staatlichen Schulen, klären Statistiken das Vorurteil. Und die Lehrer an der Waldorfschule in Kleinmachnow blicken gelassen in die Zukunft und luden am vergangenen Sonnabend zum Tag der offenen Tür auf den Seeberg.

Die Klassen sind voll belegt. Lediglich in der zweiten und vierten Klassen könnten die Eltern ihre Sprösslinge noch anmelden.

Neben den traditionellen Fächern stehen bei den Waldörflern Nähen, Stricken, Häkeln, Töpfern und Theater auf dem Stundenplan. Unterrichtet wird das Fach Eurythmie, wo es für jeden Ton und jeden Buchstaben eine bestimmte Gebärde gibt. Es ist als zweites Bewegungsfach im Lehrplan verankert.

„Die Schüler werden bei Waldorf als Individuen weitaus ernster genommen als auf den Staatsschulen“, sagt eine Mutter. Wahrscheinlich wird sie ihre Tochter Paula in die Obhut der Lehrer geben.

Jeder 20. Waldorfschüler wird Künstler. Beispiele sind die Schauspieler Marie Bäumer („Der Schuh des Manitu“) und Martin Semmelrogge, Regisseure wie Rainer Werner Fassbinder („Querelle“) und Oliver Hirschbiegel („Der Untergang“) sowie Schriftsteller Michael Ende („Momo“).

Schon jetzt überwiegt in der Waldorfschule eine luftige und warme Atmosphäre mit viel Holz. Voraussichtlich ab April kommenden Jahres soll ein weiteres Mehrzweckgebäude in ökologischer Holzbauweise entstehen. So verschwinden nach und nach die Container, in denen bisher unterrichtet wurde. Fördergelder aus dem Bundesinvestitionsprogramm „Zukunft, Bildung und Betreuung“ machen es möglich, natürlich auch die Eigenleistungen der Eltern.

So gab es immer wieder die Nachfrage: Ist die Walddorfschule teuer? „Wir sind auf Elternbeiträge angewiesen.“, sagt Adrian Domzalski, Klassenlehrer der 2. Klasse. Die Zuschüsse der öffentlichen Hand sind wesentlich niedriger als die Mittel, die sie für Regelschulen aufwendet. Die Eltern legen ihre Beiträge selbst fest, so dass diese einerseits den Notwendigkeiten des Schulbetriebes, andererseits ihren eigenen finanziellen Möglichkeiten entsprechen. „Kein Kind wird aus finanziellen Gründen abgelehnt“, sagt der Lehrer. (Von Heidrun Lange)