MAZ 22.09.08
KLEINMACHNOW - Der Streit um das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 17 hat den Kommunalwahlkampf in der Teltower Region erreicht. Dort sind Teltowkanal und Kleinmachnower Schleuse von den Ausbauplänen der Bundesregierung betroffen. Der SPD-Landtagsabgeordnete und Kleinmachnower Gemeindevertreter Jens Klocksin grenzt sich jetzt klar von der Position seines Parteifreundes Infrastrukturminister Reinhold Dellmann ab, der sich im Landtag vor wenigen Tagen für den Wasserstraßenausbau ausgesprochen hat. „Hier wird an einer überdimensionierten Planung festgehalten, die im Falle der Schleuse Kleinmachnow von der SPD vor Ort abgelehnt wird“, sagte Klocksin zur MAZ. „Da gibt es für mich auch keine Kompromisse“, so Klocksin, der das Thema im Oktober auf die Tagesordnung der SPD-Landtagsfraktion setzen will.
Wie berichtet, entzündet sich die Debatte derzeit am Planfeststellungsbeschluss für den Ausbau des Sacrow-Paretzer-Kanals. Für die Schleuse Kleinmachnow liegt ein solcher Beschluss bereits vor, nach MAZ-Informationen sollen die Bauarbeiten zur Verlängerung der Schleusenkammer auf 190 Meter im kommenden Jahr beginnen.
Linke und Bündnisgrüne indes werfen der SPD „Wählertäuschung“ vor. „SPD-Kommunalwahlkandidaten sprechen sich gegen den Havelausbau aus, während Entscheidungsträger der Partei an den Plänen festhalten“, kritisierte die Kleinmachnower Bundestagsabgeordnete Cornelia Behm (Grüne). Anita Tack (Linke) nennt die Versuche der SPD, sich in der Region gegen das Verkehrsprojekt zu stellen, „Wahlkampfgetöse“.
Die Gegner des Kanal- und Schleusenausbaus erhalten inzwischen Schützenhilfe von Forschern der Technischen Universität Hamburg-Harburg. Eine noch unveröffentlichte Studie zeige, dass das Güteraufkommen der Binnenschiffer in Brandenburg von 1997 bis 2006 um 31 Prozent zurückgegangen sei, heißt es dort. Der Chef des Wasserstraßen-Neubauamts, Rolf Dietrich, widerspricht: „Seit 2003 befindet sich die Binnenschifffahrt in Brandenburg auf einem dynamischen Wachstumskurs.“ Deshalb müsse der Wasserstraßen- und Schleusenausbau weiter vorangetrieben werden. (Von Jürgen Stich)
MAZ 22.09.08
Die etablierten Parteien haben es im Kommunalwahlkampf immer dann schwer, wenn ihre eigene Landesspitze andere Auffassungen zu lokal bedeutsamen Themen vertritt. Einen eklatanten Fall muss die SPD derzeit erleben. In der Region Teltow ist sie sich mit allen anderen Parteien und Wählergruppen einig, dass der Ausbau von Teltowkanal und Schleuse Kleinmachnow keinen Sinn machen würde. Landschaft müsste geopfert werden, obwohl – so die Meinung der Akteure vor Ort – die erwartete Zunahme an Schiffsverkehr nicht eintreffen wird. Mit dieser Meinung stehen die Kommunalpolitiker im Einklang mit der Auffassung eines großen Teils der Bevölkerung. Es versteht sich deshalb von selbst, dass dies im Wahlkampf besonders stark hervorgehoben wird.
Nun hat sich aber vor wenigen Tagen der SPD-Minister für Infrastruktur, Reinhold Dellmann, zum wiederholten Mal eindeutig hinter die Ausbaupläne der Schifffahrtsverwaltung gestellt. Den Parteifreunden vor Ort macht er damit keine Freude, den politischen Gegnern auf kommunaler Ebene dagegen schon. Denn sie können nun die SPD der „Wählertäuschung“ beschuldigen und die sozialdemokratischen Ortsverbände damit in die Enge treiben. Dellmanns Äußerungen sind ein klassischer „Bärendienst“.