MAZ 22.09.08

 

MEDIZIN: Lücken im Bücherregal

Alzheimer-Aktionstag der Pflegedienste auf dem Rathausmarkt Kleinmachnow

KLEINMACHNOW -  „Manch einer geht auf die Reise und findet nicht mehr heim“, so beschreibt Sonja Massow, Sprecherin des „Netzwerks ambulanter Dienste Potsdam-Mittelmark“ eine oft tabuisierte Krankheit: Demenz. Anlässlich des Weltalzeihmertages stellten sich am Samstag verschiedenste Pflegedienste und Betreuer auf dem Rathausmarkt Kleinmachnow vor.

Auffällig war der bequeme Ohrensessel in der Mitte des Platzes. Daneben eine Pendeluhr, im Hintergrund Gemälde mit hölzernen Rahmen und ein Spinnrad. Gemeinsam mit der alten Popcorn-Maschine und dem Duft von frischem Kaffee entsteht eine wohnliche, eine therapeutische Atmosphäre, die helfen soll, sich zu erinnern. „Wir wollen ein positives Erlebnis schaffen, um damit die Lebenqualität zu steigern“, erklärt Massow.

Es sind solche Tipps, die sich Carola Scheffler vom Aktionstag erhoffte. Gemeinsam mit ihren Schwestern pflegt sie den 79 Jahre alten Vater. „Noch am Neujahrstag war unser Geschenk, eine Politiker-Biographie, verpackt. Das war mehr als ungewöhnlich“, erzählt Scheffler. Mit der Zeit bemerkte die Familie immer mehr Anzeichen für die unheilbarer Krankheit. Die Schwestern kämpften sich durch den burökratischen Dschungel aus Anträgen und Formularen. Von Arztbesuchen, über Notarvollmacht bis zur Organisation von Pflegepersonal ist viel zu tun.

Aber die Arbeit lohnt sich. „Unser Vater baut nicht so stark ab wie vermutet“, stellt Massow erfreut fest.

Der Vater wohnt noch in seinem Haus, Pfleger und Verwandte sehen jeden Tag nach ihm. „Wenn wir kommen, sieht er schlecht aus, sind wir dann da, kann er wieder lachen“, beschreibt Scheffler die Situation.

Leider gehen nicht alle Betroffenen mit dieser Krankheit so unbefangen und offen um.

Das kann auch Sabine Bachmann bestätigen. Die 74-Jährige pflegte jahrelang ihre mittlerweile verstorbene Mutter. Dabei suchte sie sich Unterstütztung in einer Selbsthilfegruppe, die sie mittlerweile leitet. „Die Schwelle für Angehörige, zu uns zu kommen, ist hoch“, weiß Bachmann. „Sie haben Angst zu erklären, dass sie die Pflege belastet.“

Dabei ist es wichtig darüber zu reden, sich Unterstützung zu suchen. „Es ist wie ein Bücherregal, in dem die Bücher, die zuletzt reingestellt werden, als erste rausfallen“, beschreibt Martina Brieske vom evangelischen Diakonissenhaus die Krankheit und rät dazu, sich helfen zu lassen.

Info Netzwerk ambulanter sozialer Dienste, 033841/4 51 16. (Von Steve Kenner)