MAZ 06.09.08
KLEINMACHNOW - „Am Schalldeckel haben wir angefangen. Und uns dann voran gearbeitet, von oben nach unten.“ Iris Schönfelder und Silvia Koch stehen kurz davor, ihre Arbeit in der Kleinmachnower Dorfkirche abzuschließen. Seit Juli arbeiten die Restauratorinnen dort, am Zehlendorfer Damm, um die Kanzel wieder in altem Glanz erstrahlen zu lassen. Als prägendes Element zwischen Altarraum und Kirchenschiff zieht sie die Blicke der Besucher auf sich, nicht nur, wenn der Pfarrer die alten Stufen erklimmt, um seiner Gemeinde eine Predigt zu halten.
Dennoch freut sich Pfarrer Jürgen Duschka darauf, „die Kanzel bald wieder in normalen Gebrauch“ zu nehmen. Am 12. Oktober 2008 soll es dazu um 18 Uhr einen festlichen Predigtgottesdienst geben. Dabei sein wird auch eine historische Sanduhr. Diese befindet sich per Leihvertrag im Museum Potsdam. Zum Gottesdienst soll das wertvolle Exemplar vorübergehend einen Ehrenplatz bekommen.
Sanduhren auf der Kanzel mahnten früher allzu redselige Geistliche davor, die Aufmerksamkeit ihrer Schäfchen überzustrapazieren. Auch soll sich der Landadel über die fehlenden Tagelöhner mokiert haben, wenn diese ausführlichen Predigten lauschten. Doch auch symbolisch dürfte die „verrinnende Zeit“ zum Nachdenken anregen.
Eine Grundreinigung stand am Anfang der Arbeiten der Berliner Werkstatt „Ornamentum“. „Die war richtig schmutzig“, berichtet Iris Schönfelder von ersten Trockenarbeiten mit Staubwedel, weichem Pinsel und Spezialsauger. Parallel wurde die Farbe gefestigt. Denn alte Aufträge blätterten, schlugen Blasen und blühten aus. Letzteres eine Folge vorangegangener Sanierungen unter massivem Einsatz von Holzschutzmitteln. Als Festiger dient ein besonders feiner Leim, der aus der Schwimmblase des Stör gewonnen wird, erklärt die Fachfrau einer kleinen Gruppe von Interessierten, die in die Alte Dorfkirche gekommen sind, um etwas über die Arbeiten zu erfahren. Mit 300 Euro das Kilo nicht ganz billig, doch brauche man nur kleine Mengen der kostspieligen Mixtur. Auf einem Tisch stehen Schraubdeckelgläschen mit Tinkturen, Farben und Lösungen. Mit Aceton getränkte Wattebäuschchen lösen Verschmutzungen und auskristallisierte Salze.
Die alten Farbaufträge wurden mit wasserlöslichen Farben aufgefrischt oder ergänzt. „Wir wollen das Original nicht schädigen und die Möglichkeit offen halten, unsere Retuschen wiederum beseitigen zu können.“ Man möchte die Substanz nicht verändern, betont Silvia Koch. Mit Ehrfurcht behandeln die Restauratorinnen ihre Aufträge. Jedes Stück ist individuell, sagt Koch, „es gibt Rezepte, aber keine Patentrezepte“.
Die Treppe war komplett abgebaut. In einer Potsdamer Tischlerei wurde sie überarbeitet und bekam eine neue Wange. Wenn der Pfarrer dann wieder hinaufsteigt, wird er dem Himmel am nächsten sein. Doch auch Kirchgänger und Besucher können die imposante Wolkenlandschaft unter dem Schalldeckel nun wieder viel besser betrachten, als vor der Restaurierung. 10 000 Euro haben die Arbeiten gekostet, über die Hälfte konnte aus Spenden finanziert werden, sagt Bodo Bohn, Gemeindekirchenratsvorsitzender.
Als nächstes stehe die kunstvoll gearbeitete Haube des Taufbeckens auf der Agenda. Das Gefäß stammt aus dem Jahr 1597, so steht es geschrieben. Herkunft und Alter der Kanzel indes liegen im Dunkeln. „Um 1600“, so vermutet auch die Restauratorin, 1597 ist die Kirche fertiggestellt. Klar scheint freilich, dass die Kanzel nicht am Originalplatz steht, früher näher am Altar ihren Platz hatte. Zu gequetscht sieht das heute aus und die Inschrift ist auch nicht gut zu lesen: „Fürchte Gott und halte sein Gebot, predige das Wort, halt an, es sei zu rechter Zeit oder Unzeit“, steht dort geschrieben.
Eine „spannende Zeit“ jedenfalls erwartet Jürgen Duschka. Am 22. September wird das Ergebnis des städtebaulichen Wettbewerbs bekannt gegeben. Und der Pfarrer ist „zuversichtlich, dass unsere Pläne für ein Gemeindezentrum im Alten Dorfkern Kleinmachnows Aussicht auf Erfolg haben“. (Von Konstanze Wild)