KLEINMACHNOW - „Man mag sich über das Datum des Jubiläums wundern“, schreibt Kleinmachnows Bürgermeister Wolfgang Blasig (SPD) in seinem Grußwort zur Chronik der Eigenherd-Schule und spielt damit auf einen Streit an, den es im Vorfeld der Feierlichkeiten zum 75-jährigen Bestehen der Schule gab. Denn bereits 1926 wurden an der Straße „Im Kamp“ Kinder in Holzpavillons unterrichtet. „Das ist in der Tat die Geburtsstunde der damaligen ’Schule in der Eigenherd-Siedlung’“, erklärt Schulleiter Bernd Bültermann.
Das erste feste Gebäude, das bis heute den Kern der denkmalgeschützten Anlage bildet, sei aber erst im September 1933 eröffnet worden. „Wenn wir also am kommenden Wochenende das Jubiläum begehen, dann beziehen wir uns auf die jetzt noch sichtbaren Zeugnisse der Schulgeschichte.“ Außerdem wurde vor 75 Jahren erstmals der heutige Name Eigenherd-Schule benutzt.
Direktor Bültermann, der seit 1976 mit der Eigenherd-Schule verbunden ist, hat bei der Aufarbeitung der Schulgeschichte eng mit dem Heimatverein zusammengearbeitet. Zu DDR-Zeiten war in dem weißen Gebäudekomplex mit dem charakteristischen Uhrenturm die Polytechnische Oberschule „Georgi Dimitroff“ untergebracht, mit dem Schuljahr 1991/1992 kehrte der Name „Eigenherd“ zurück, die Einrichtung wurde Grundschule.
Allein fünf Klassentreffen ehemaliger Jahrgänge wird es am Samstag in der Eigenherd-Schule geben, Gäste aus Partnerschulen reisen aus Polen und Ungarn an und am Montagabend wird sogar der brandenburgische Bildungsminister Holger Rupprecht (SPD) zur Jubiläumsgala erwartet. Derzeit werden an der Eigenherd-Schule 635 Schülerinnen und Schüler in 25 Klassen von 32 Lehrern unterrichtet. Der Bildungsstandort gilt schon immer als Aushängeschild Kleinmachnows.
Dass es bei Eltern auch Bedenken gab, mit der Feier ausgerechnet an das Jahr 1933 zu erinnern, gibt Schulleiter Bültermann offen zu. Nach langer Diskussion gab er den Plan auf, in einem historischen Klassenzimmer eine Schulstunde aus dieser Zeit nachspielen zu lassen. Trotzdem hält Bültermann den Rückblick auf 75 Jahre Schulgeschichte für richtig. „Schule fand immer statt und ich wehre mich dagegen, dass eine bestimmte Periode einfach ausgeblendet wird.“ Die Eigenherd-Schule sei in den 1930er Jahren gewachsen, „weil der Ort Kleinmachnow wuchs“. Später sei verhindert worden, dass der Name „Eigenherd“ in „Goebbels“ umgewandelt wurde. „Das ist sicherlich kein einfacher Rückblick gerade für unsere jungen Schüler, aber die Eltern sollten uns Pädagogen durchaus zutrauen, dass wir verantwortungsbewusst mit diesem Thema umgehen.“
Zum Tag der offenen Tür lädt die Eigenherd-Schule am Samstag, 26. April, in der Zeit von 15 bis 22 Uhr ein. Für Unterhaltung und das leibliche Wohl ist gesorgt. (Von Jürgen Stich)
Erinnerung kann schmerzhaft sein, besonders dann, wenn es um das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte von 1933 bis 1945 geht. Dass auch in diesen Jahren Kinder zur Schule gingen und Pädagogen ihren Dienst taten, klingt selbstverständlich. Doch selten wird Schulgeschichte auf dieses Thema hin abgeklopft. Wenn sich nun die Kleinmachnower Eigenherd-Schule aufmacht, ihrer Anfänge im Jahr 1933 zu gedenken, dann gehört dazu Mut. Das zeigt sich daran, dass es Eltern gab, die im Vorfeld der Jubiläums-Feier Bedenken äußerten. Ihre Kinder mit der Nazi-Zeit zu konfrontieren, schien ihnen nicht angemessen, wenn es doch „nur“ um die Geschichte der Grundschule gehen sollte. Es wurden auch Zweifel laut, ob die Lehrer dazu in der Lage seien, ihren Eleven die schlimme Zeit erklären zu können.
Es ist nichts dagegen einzuwenden, dass Eltern genau darauf schauen, in welchem pädagogischen Umfeld sich ihre Kinder bewegen. Die Ansprüche an die Schulen sind hoch, gerade in den Zuzugsgebieten des „Speckgürtels“. Doch sollte dabei nicht vergessen werden, dass der Hauptteil der Erziehung in den Familien geleistet werden muss. Und auch dort sollte deutsche Geschichte mit all ihren Höhen und Tiefen nicht ausgeblendet werden.