Märkische Allgemeine 19.04.08
KLEINMACHNOW -
Die Befürworter der Stammbahn haben die unvorteilhafte Kosten-Nutzen-Analyse
der Landesregierung scharf kritisiert und wollen nicht aufgeben. Die Analyse
habe „handwerkliche Mängel“, sagte der Kleinmachnower Landtagsabgeordnete Jens
Klocksin (SPD). So werde das Fahrgastpotenzial unterschätzt. Dies werde er
gegenüber der Landesregierung ansprechen.
Allerdings bemerkte Klocksin, dass er sich „das Ergebnis
nicht schönreden“ werde. Wenn tatsächlich keine Regionalbahnverbindung zustande
käme, müsse man das akzeptieren. Kleinmachnows Bürgermeister Wolfgang Blasig
(SPD) deutete an, dass er seine Forderung nach einer Schienenverbindung zwar
trotz der negativen Analyse aufrecht erhalte. Dass es sich unbedingt um eine
Regionalbahnverbindung handeln müsse, sagte Blasig nicht. Im Gespräch ist auch
eine Verlängerung der S-Bahn über Zehlendorf hinaus nach Düppel und
Kleinmachnow.
Die Analyse, die das Land in Auftrag gegeben hatte, kommt
zu dem Schluss, dass sich der Wiederaufbau der alten Linie von Berlin nach
Potsdam nicht rechnen würde, weil die Fahrgastzahlen nicht ausreichen würden.
Auf eine Schienenanbindung pochte auch der Geschäftsführer
des Europarcs Dreilinden, wo auch das Internet-Auktionshaus Ebay ansässig ist.
„Wir haben 1993 das Gelände gekauft mit der Maßgabe der öffentlichen
Erschließung“, sagte Walter Brümmer. Auf lange Sicht verzögere die fehlende
Schienenanbindung die positive Entwicklung des Gewerbeparks, so der
Geschäftsführer.
Brümmer warf dem Analyseinstitut außerdem vor, es habe die
Zahl der Arbeitsplätze im Europarc viel zu niedrig veranschlagt. In dem
Gewerbegebiet werden nach Prognose des Europarcs im Jahr 2020 bis zu 6500
Menschen arbeiten. Das Institut war von 4500 ausgegangen. derzeit sind 2100
Arbeitsplätze gemeldet. Bürgermeister Blasig erinnerte daran, dass der
Gewerbepark sich für Land und Kreis inzwischen „in barer Münze auszahlt“.
Allein die Ebay-Tochter Mobile zahle im Jahr mehr als vier Millionen Euro
Gewerbesteuer – und helfe, den Haushalt zu konsolidieren. „Es wäre fahrlässig,
diesen Wirtschaftsmotor abzuwürgen, so Blasig. (Von Ulrich Wangemann)
Märkische Allgemeine 19.04.08
Man sollte derzeit ganz genau auf die Nuancen in den Klagen und Rechtfertigungen der enttäuschten Stammbahn-Befürworter achten. Natürlich wettern sie gegen „handwerkliche Mängel“ in der Studie der Landesregierung, die zu dem Ergebnis kommt, dass die Traditionsstrecke sich niemals rechnen würde. Aber die Obertonschwingungen deuten schon die Harmonien eines anderen Liedes an. Wenn eine Regionalbahnverbindung nicht durchsetzbar ist, dann sollte es wenigstens die S-Bahn sein.
Dafür spricht einiges, nicht zuletzt das Geld. Während der Wiederaufbau der StammBahn mit rund 150 Millionen Euro ein Riesenbatzen mit hohen Unterhaltskosten wäre, käme die S-Bahn mit geschätzten 50 Millionen wesentlich günstiger.
Die Forderung nach einem Schienenanschluss an sich ist gerechtfertigt. Will diese blühende Region, die Steuereinnahmen und Arbeitsplätze fürs ganze Land generiert, nicht im Dauerstau versinken, gibt es zur Schiene keine Alternative – auch nicht den Bus. Wer mit dem schon einmal zum Flughafen wollte und seine Maschine am Ende verpasste, weiß, dass selbst Expressbusse ihre Fahrpläne oft nicht einhalten. Sie müssen auch an jeder Ampel halten – und davon gibt es in Kleinmachnow genug.