Märkische Allgemeine 15.11.07

 

Anspruch auf die erste Geige

Post-Managerin ist SPD-Kandidatin für Stahnsdorfer Bürgermeisterwahl

ULRICH WANGEMANN

STAHNSDORF Die leitende Post-Managerin Ruth Barthels tritt als Kandidatin der SPD zur Bürgermeisterwahl in Stahnsdorf am 1. Juni 2008 an. Das beschloss der Ortsverein, der im Sommer eine Findungskommission eingesetzt hatte, einstimmig.

In ihrer Vorstellungsrede ging die 47 Jahre alte Juristin gestern deutlich auf Distanz zum Amtsinhaber Gerhard Enser (CDU) und läutete damit den Wahlkampf ein.

Eine Fusion Stahnsdorfs mit Teltow und Kleinmachnow, wie sie der Bürgermeister befürwortet, steht für Barthels "überhaupt nicht auf der Tagesordnung". Ein solcher Schritt setzte "die Identität unserer Gemeinden aufs Spiel", so Barthels. Ohne Zustimmung der Bevölkerung sei an eine Verschmelzung ohnehin nicht zu denken. Vielmehr müssten die drei Orte ihre Zusammenarbeit verbessern, etwa bezüglich des Freibades Kiebitzberge, der Verkehrsplanung und der Wohnhungsgesellschaften.

Dem Amtsinhaber Enser warf Barthels vor, er berücksichtige die Anliegen der Stahnsdorfer nicht in ausreichendem Maße. "Zehn bis zwölf Bürgerinitiativen sind ein Indiz für Mängel im Dialog mit den Bürgern – und dafür, dass die Leute sich beteiligen möchten", sagte die Kandidatin.

Darüber hinaus ist Enser der Sozialdemokratin zu sparsam. "Stahnsdorf ist keine arme Gemeinde", sagte Barthels. "Man muss nicht jedes Jahr sechs Millionen Euro in die Rücklage packen, wo doch einige Infrastrukturprojekte in Angriff genommen werden müssten."

Eine Absage erteilte Barthels den Bauprojekt Beethovenwäldchen. Die Bebauung des Kasernengebiets Zille-Straße reiche aus, so Barthels. Eine Vergrößerung der Bevölkerung auf über 17 000 Einwohner – derzeit sind es rund 13 500 – sei nicht wünschenswert. Ein solcher Zuzug würde die Infrastruktur überfordern, sagte die SPD-Frau, die 2001 in die Partei eintrat.

Tempo-30-Zonen in Wohngebieten möchte die Kandidatin ausweiten und die Ausstattung von Sporteinrichtungen verbessern.

Barthels ist Mutter zweier 18 und 19 Jahre alter Kinder, hat seit 21 Jahren den Studienrat Burkhard Hähnel zum Mann und wohnt derzeit noch in Kleinmachnow, wo sie für die SPD in der Gemeindevertreterversammlung sitzt. Die Familie hat ein Grundstück in Stahnsdorf gekauft und baut dort gerade ein Haus.

In Personalführung und Verwaltungsrecht kennt sich die Absolventin der Uni Hamburg und der renommierten European Business School Oestrich-Winkel am Mittelrhein aus. Derzeit ist sie zuständige Managerin der Post AG für die Partnerfilialen – jene bundesweit rund 6000 Zeitungsläden und Lottoannahmestellen, die Postdienstleistungen anbieten. Zuvor leitete sie unter anderem das Frachtzentrum in Börnicke und war verantwortlich für die Zusammenführung der west- und ostdeutschen Postbelegschaft in der Direktion Berlin. Mit öffentlichem Bau-und Planungsrecht war Barthels in mehreren Positionen befasst.

Finanziell würde das Bürgermeisteramt einen Rückschlag für Barthels bedeuten. Das kommentierte Barthels, die zehn Jahre ehrenamtliche Arbeitsrichterin war, mit den Worten: "Geld ist nicht alles". Sie habe ohnehin vor gehabt, nach jahrelanger Reisetätigkeit sesshaft zu werden. Sie wolle "nicht mehr wie eine Zigeunerin durch die Welt ziehen". Das Bürgermeisteramt sei für sie eine "sehr attraktive Position mit großem Ansehen in der Bevölkerung, so Barthels. Parteikollegen witzelten, die langjährige zweite Violinistin eines Hamburger Orchesters – so finanzierte sie sich ihr Studium – wolle nun die erste Geige spielen.