Märkische Allgemeine 29.10.07
ULRICH WANGEMANN
KLEINMACHNOW/STAHNSDORF Über eine mögliche Zusammenlegung ihrer beiden
kommunalen Wohnungsgesellschaften verhandeln die Gemeinden Kleinmachnow und
Stahnsdorf. Das bestätigten beide Verwaltungschefs. Am Freitag berieten sich
der Kleinmachnower Bürgermeister Wolfgang Blasig (SPD) und sein Stahnsdorfer
Kollege Gerhard Enser (CDU) in Begleitung der Aufsichtsratschefs der
Gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft Kleinmachnow (GeWoG) und der
Wohnungsgesellschaft Stahnsdorf. Bei dem dreistündigen Gespräch legten beide
Seiten die wirtschaftlichen Daten offen. Eine Studie, die unter anderem Chancen
und Risiken bis ins Jahr 2019 aufzeigt, war Grundlage des Gesprächs.
Es sind die ersten direkten Verhandlungen über eine mögliche Verschmelzung
beider Gesellschaften, von denen die Kleinmachnower mit 1300 eigenen Wohnungen
und 1400 Wohnungen, die sie im Auftrag verwaltet, deutlich größer ist als die
Stahnsdorfer mit ihren knapp 700 Wohnungen.
Als "sehr ernsthaft" bezeichnete Stahnsdorfs Bürgermeister Enser die
Diskussion in der Runde, Kleinmachnows Verwaltungschef Blasig bestätigte, es
sei Klartext geredet worden. Beide Aufsichtsräte sollen nach Blasigs Wunsch
künftig Fachleute in die Führung der jeweils anderen Gesellschaft entsenden.
Eine Vorentscheidung über ein Zusammengehen sei nicht gefallen, sagte Blasig.
Die Angelegenheit befinde sich in der Phase der Prüfung.
Zinspoker mit der Landesbank
Nach Darstellung beider Bürgermeister gibt es ein Haupthindernis für weiter
gehende Vereinbarungen: die laufenden Verhandlungen der Stahnsdorfer mit der
Investitions- und Landesbank (ILB) über die künftigen Kreditkonditionen.
Hintergrund: Die Gemeinde Stahnsdorf hatte Anfang der 90er-Jahre Kredite bei
der ILB aufgenommen, um die Bosch-Siedlung zu sanieren. Die damals getroffene
Zinsvereinbarung läuft nun aus und muss neu verhandelt werden.
Laut Gerhard Enser steht eine Kreditsumme von rund zehn Millionen Euro zur
Verhandlung. Die Gespräche befänden sich "im Endstadium", sagte
Enser. In vier bis sechs Wochen rechne er mit einer Entscheidung der ILB. Nicht
weniger als die Liquidität der Stahnsdorfer Gesellschaft hänge davon ab.
"Wenn wir kein sinnvolles Ergebnis mit der ILB erzielen, wird es
problematisch", so Enser. Dann müsste die Gemeinde Mittel aus dem Haushalt
bereit stellen, um die Gesellschaft vor einer Schieflage zu bewahren.
Ausgangspunkt der schwierigen Verhandlungen zwischen Landesbank und
Gemeindeverwaltung Stahnsdorf sind die unrealistischen Erwartungen, welche die
Verhandlungspartner Anfang der 90er-Jahre in den Wohnungsmarkt gesetzt hatten.
Allgemein war man von ständig steigenden Einnahmen dank schrittweiser
Mieterhöhungen ausgegangen. Dies trat nicht ein. "Die soziale Struktur
gibt es nicht her", so Enser. In den kommenden Jahren seien nur geringe
Steigerungen durchsetzbar. Das müsse die Bank in ihren Zinsberechnungen
berücksichtigen.
Die unklare finanzielle Zukunft der Stahnsdorfer mache es "unglaublich
schwer, die Wohnungsgesellschaft in ihrem Wert einzuschätzen und zu
Vereinbarungen zu kommen", sagte der Kleinmachnower Verwaltungschef
Blasig. Ungeachtet dieser ungeklärten Frage sei es "sinnvoll, die
Gesellschaften zusammen zu legen, um eine grundsolide Einheit zu formen".
Eine Faustregel besage, dass Wohnungsgesellschaften von 2000 Wohneinheiten
aufwärts "stabil arbeiten", erklärte Blasig. Diese Schwelle
überschreite ein vereinigtes Wohnungsunternehmen.
Stahnsdorf wäre Juniorpartner
Blasig machte klar, dass die Stahnsdorfer wegen der geringeren Betriebsgröße
der Kleinmachnower Gesellschaft beitreten müssten. Politisch hält Blasig eine
Zusammenführung für ein Signal in Richtung einer weiter gehenden Zusammenarbeit
auf anderen Feldern. Allerdings werde er sich "nicht für einen politischen
Zweck in ein wirtschaftliches Abenteuer begeben".