Märkische Allgemeine 25.10.07

 

Radlos nach Gerichtsentscheid

Schildbürgerstreich um eine verwaiste Vorzeigepiste in Kleinmachnow

ELKE KÖGLER

KLEINMACHNOW Einen Schildbürgerstreich im wahrsten Sinne des Wortes spielt die Gemeindeverwaltung Kleinmachnow ihren Einwohnern. Es geht um die Macht der Behörden, Regeln festzusetzen und sie bei Bedarf in ihr Gegenteil zu wenden.

Fast sieben Jahre lang mussten Radfahrer auf dem rot gepflasterten Streifen fahren, den das Gemeindeamt eigens für sie angelegt hat. Um die Sicherheit der Radler zu erhöhen, hat sie Steuergelder von mehr als 400 000 Euro in die Sanierung der Straße und des kombinierten Rad- und Fußweges gesteckt. Jetzt ist das Fahren auf der angenehm glatten Piste aber verboten.

Den Stein ins Rollen gebracht haben die Kleinmachnower Mario Bahr und Ulrike Böhme. Am Anfang stand eine Polizeikontrolle. Ordnungshüter stoppten Mario Bahr, weil er unerlaubt auf der Straße radelte. Nach 45 Euro Geldstrafe und einer umfassenen Belehrung wurde er aufgefordert, seine Fahrt auf dem Radweg fortzusetzen.

Das wurmte den jungen Mann und seine Lebensgefährtin Ulrike Böhme. "Ich möchte auf der Straße fahren, ohne dafür Strafe zahlen zu müssen", sagt die 25-jährige Wirtschaftsinformatikerin. Automobilisten würden Pedalritter zu oft übersehen, die in der Gemeinde Radwege nutzen. Aus diesem Grund fühlt sich das junge Pärchen auf der Straße wesentlich sicherer.

Um künftig weitere Konflikte mit den Schutzleuten zu vermeiden, zog Mario Bahr vor das Verwaltungsgericht in Potsdam. Dort klagte er gegen die Verkehrsbehörde des Landkreises, weil er nicht einsah, dass Radfahrer im Schleusenweg dazu gezwungen werden, auf dem rot gepflasterten Streifen zu fahren.

Der Richter machte dem Prozessbeauftragten des Landkreises jedoch gleich zu Beginn der Verhandlung klar, dass er die Radwegebenutzungspflicht im Fall "Schleusenweg" für übertrieben hält. Um eine solche Maßnahme zu rechtfertigen, sei das Verkehrsaufkommen in der Straße zu gering. Daraufhin gab der Prozessbeauftragte der Verkehrsbehörde sofort nach. Er kündigte an, die Regelung zurückzuziehen und die Gemeinde Kleinmachnow anzuweisen, die Beschilderung zu ändern. Nach 18 Minuten war die Verhandlung beendet.

Was nun geschah, war jedoch überhaupt nicht im Sinne von Mario Bahr und Ulrike Böhme. Das Bauamt ließ sämtliche Schilder abmontieren, auf denen Fahrräder abgebildet waren. Resultat: Laut Straßenverkehrsordnung ist es Pedalrittern verboten, auf unbeschilderten Radstreifen zu fahren. Aus dem Vorzeigeradweg, auf den die Gemeindeverwaltung stolz war, ist nun ein reiner Fußweg geworden. "Das wollten wir überhaupt nicht bezwecken", beklagt sich Böhme. "Das ist doch totaler Unsinn."

Die Kleinmachnower Verwaltungsmitarbeiter zucken mit den Schultern. "Der Landkreis hat angeordnet, dass die Schilder entfernt werden, und das haben wir getan", interpretiert der Kleinmachnower Ordnungsamtschef Eckard Dehne die Entscheidung . Um den Radweg doch wieder seiner ursprünglichen Bestimmung zu übergeben, will das Gemeindeamt den Kreis dazu bewegen, die gerichtliche Anordnung zurück zu nehmen.

"Das Amt könnte einfach das Verkehrszeichen "Fußweg" mit dem Zusatzschild "Radfahrer frei" aufstellen lassen", schlägt Böhme vor. Radler könnten dann selbst entscheiden, ob sie auf der Straße oder dem Radweg fahren.