Märkische Allgemeine Zeitung 16.10.07

Alternativen zu "Pacman & Co"

Grundschule veranstaltete Themenabend

KONSTANZE WILD

KLEINMACHNOW Es ist wohl unumstritten, dass ein mit Handy, TV und neuen Medien hoch gerüstetes Kinderzimmer von heute leicht zur Reizüberflutung schon bei den Kleinsten führt. Herkömmliches Spielzeug gerät immer früher ins Abseits. Viel Zeit wird vor diversen Bildschirmen verbracht. Kreative Langeweile, die so manchen früher zu phantastischen Einfällen und Tagträumen verleitete, kommt oft gar nicht mehr auf. Stattdessen taucht – übrigens nicht nur – die junge Generation gern in virtuelle Welten ein. Die hat einiges zu bieten. Das stellte der häufig als Experte für neue Medien genannte Journalist Thomas Feibel gleich zu Anfang eines Themenabends klar, der sich vor dem Hintergrund einer verbreiteten medialen Unterhaltungskultur mit Computerspielen befasste. Unter dem Motto "Pacman und Co." hatten Evangelische Grundschule und Kindergarten Kleinmachnow Eltern und Interessierte eingeladen.

In vielen Spielen gehe es um Kraft, Macht, man hat die Kontrolle über Gewalt, man kann Manipulieren, ohne Grenzen und Konsequenzen, erklärte Feibel, der zugleich Mitinitiator des deutschen Kindersoftwarepreises "Tommi" ist. Dieder Preis wird alljährlich auf der Frankfurter Buchmesse vergeben. Ob Rollen- Strategie- oder Actionspiele, Autorennen, die virtuelle Tierklinik oder die Familie Sims, viele Spiele und entsprechende Spielfiguren, sogenannte "Avatare", befriedigen persönliche Bedürfnisse nach Selbstbewusstsein, Überlegenheit und einem "perfekten" äußeren Erscheinungsbild.

Problematisch wird es indes, wenn mit Inhalten "gespielt" wird, die zumindest scheinbar gegen gesellschaftliche Wertekodexe verstoßen. Scheinbar, da geflissentlich ausgeblendet wird, so der Autor, dass die uns umgebende Welt, von plump-aggressiven Talkshows im TV, über die einschlägige Nachrichtenübermittlung von Gewalt und Terror, bis zu sexistischer Werbung oder einer Plakataktion der Hannelore-Kohl-Stiftung, die mit der Abbildung eines Mädchens, das nach einem Fahrradunfall im eigenen Blut liegt, wohl nicht nur Erwachsene aufrüttelt, sondern vor allem Kinder schockiert.

Den Ruf nach dem Gesetzgeber, der Gewalt verherrlichende Killerspiele verbieten möge, hält Feibel für wenig erfolgreich. Längst werden solche Inhalte nicht mehr nur gekauft, sondern kursieren als Kopien auf Schulhöfen, ganz zu schweigen von all den unappetitlichen und makabren Dingen, die sich im weltweiten Netz betrachten und beschaffen lassen. Feibel fordert eher die Eltern heraus, stellt ihre Verantwortung klar.

So geriet das Fazit des Abends genauso einleuchtend wie schlicht. Wer seine Kinder vor den Abgründen brutalster "Spielwelten" und Suchtverhalten am Bildschirm bewahren möchte, dabei gleichzeitig einen individuellen tragfähigen Weg durch eine Kindheit und Jugend im Zeitalter virtueller Unterhaltungskultur bereiten möchte, der muss vor allem eines: Hinsehen und Mitmachen, bei älteren Kindern am Ball bleiben, sich immer wieder Zeit nehmen, auch für andere Aktivitäten. Er muss Interesse zeigen an akzeptierten Spielen, gesprächsbereit sein bei problematischen Inhalten, aber auch klare Verbote aussprechen, da, wo die Gewalt dominiert und Kinder und Teenager bedroht, er muss – erziehen eben.

Wirkliche Angst übrigens, auch vor dem Hintergrund von Gewalt in diesen Medien, haben auch die Kinder von heute vor ganz anderen Dingen. So war es erstaunlich, zu erleben, dass niemand auf die Frage, "Wovor haben Kinder wohl am meisten Angst?", antwortete. Erst ein zwölfjähriger Junge sagte, angesichts des großen Schweigens der Erwachsenen leicht irritiert, "Natürlich davor, dass ich meine Eltern verliere".

Weitere Informationen zu diesem Thema sowie eine Übersicht über ausgewählte Kindersoftware sind auch im Internet unter www.kindersoftwarepreis.de sowie www.feibel.de zu finden.