Märkische Allgemeine Zeitung 18.06.07
KONSTANZE WILD
REGION TELTOW Es ist so alltäglich wie befremdlich, wenn Politiker die Politik
auffordern, im Sinne der Sache tätig zu werden. Besonders, wenn die
"Sache" von hoher Bedeutung ist und Menschen bewegt, wenn es
eigentlich darum geht, aktiv und zukunftsweisend zu agieren, doch die politisch
Verantwortlichen im Land und den Kommunen sich lieber den Ball noch ein
bisschen zuschieben.
Kindersegen hilft nicht
Seniorenpolitik – ein Thema, das wirklich jeden trifft. Immer mehr Menschen
werden immer älter. Auch in Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf. Selbst wenn
der Kindersegen in der Region demografische Verwerfungen wie andernorts in
nächster Zeit noch verhindern wird, führt am "seniorengerechten"
Umbau von Kommunen und Gesellschaft auch am Teltowkanal kein Weg vorbei.
Ein weites Feld für eine Podiumsdiskussion. Zu der hatte die Akademie 2.
Lebenshälfte die Bürgermeister der Region und den SPD-Landtagsabgeordneten Jens
Klocksin ins Teltower Bürgerhaus geladen. Doch wer spannende Diskurse, gar
innovative Vorschläge statt Lippenbekenntnissen anlässlich der Brandenburger
Seniorenwoche erwartet hatte, kam recht bedingt auf seine Kosten.
Druckfrisch stapelten sich die Leitlinien zur Seniorenpolitik der
Landesregierung auf den Tischen, die nun vor Ort, in Kreisen, Städten und
Gemeinden umgesetzt werden sollen. Doch außer längeren Plädoyers in eigener
Sache, in denen es um kaum mehr als Allgemeinplätze ging, blieb das Feld von
Seiten der politisch Verantwortlichen unbeackert.
So musste erst ein ehrenamtlich Tätiger, der Teltower Rudolf Dürr, darauf
aufmerksam machen, dass ausgerechnet die Akademie 2. Lebenshälfte, nicht nur
von Senioren hoch geschätzt, finanziell alljährlich um die Existenz ihrer
Stellen bangen muss. Auch der wiederholte Ruf, die von allen Seiten geforderten
Seniorenbeiräte kommunalpolitisch in ihrem Status auch handlungsfähig
auszugestalten, blieb unbeantwortet.
Immerhin, in Kleinmachnow befindet sich ein Seniorenbeirat in Gründung und soll
sich heute etablieren, berichtete Mitinitiator Manfred Klencz. Der erste in der
Region. Für unabdingbar hält auch Ingrid Witzsche Seniorenbeiräte nicht nur auf
Landesebene. Die Vorsitzende der Akademie betonte die Notwendigkeit von
Demografiechecks, denen alle Vorhaben vor Ort unterzogen werden müssten.
Und ob Regio-Bus statt City-Bus oder die Gründung von politisch wirksamen
Beiräten, einmal mehr forderte Witzsche auch in der Seniorenpolitik regionales
Denken: Man betrachte die drei Gemeinden gemeinsam, es sei schade, dass sich
das nicht in konkreter Politik niederschlage. Mit ihren seniorenpolitischen
Leitlinien will die Landesregierung zur Verbesserung des Lebens von Seniorinnen
und Senioren beitragen und sie noch mehr an der Kommunalpolitik beteiligen,
heißt es.
"Viel Wahres" steht da drin, aber auch "viel Plakatives",
hieß es aus dem Publikum. Das gilt in Bezug auf Wohnraum, barrierefreie Räume,
kulturelle wie medizinische Daseinsvorsorge, ambulante Hilfe bei Pflegebedürftigkeit,
bis zum gesellschaftlichen Miteinander.
Ein Lichtblick war die zu später Stunde vorgestellte Initiative
"Alltagshilfe lebensnah" des Evangelischen Seniorenzentrums in
Ketzin. Unter diesem Motto will auch der Güterfelder Florence-Hort ein Spektrum
nützlicher Dienstleistungen anbieten, individuell auf den Geldbeutel des
Einzelnen abgestimmt.
Gespräche über Kaffeekränzchen
Versö hnlich auch die vergnüglichen Rezitationen des Stahnsdorfer Schauspielers
Achim Wolf. Die politisch Verantwortlichen hingegen sollten zu einer solchen
Veranstaltung mehr im Gepäck haben und nicht über Kaffeekränzchen, die an
anderer Stelle sehr wohl ihre Bedeutung haben, oder den Ausbau der Landesstraße
L40 oder längst bekannte und nicht minder umstrittene Bauvorhaben, wie das
Pflegeheim am Kleinmachnower Rathausmarkt, berichten und streiten.