Märkische Allgemeine Zeitung 14.06.07
JÜRGEN STICH
KLEINMACHNOW Wenn Waldorfschüler einen Grundstein legen, dann kann man was
erleben: Da wird nicht ein einfacher Zylinder in den Boden versenkt, wie es
sonst so üblich ist, es muss schon ein kunstvoll verlöteter
"Pentagondodekaeder" sein – natürlich gefüllt mit Erinnerungsstücken,
Briefen und Wünschen für die Zukunft. Dass der eckige Behälter gestern
überhaupt in den Boden kam, grenzt für Schüler, Lehrer und Vorstand der
Kleinmachnower Waldorfschule an ein Wunder. Was auf dem Seeberg entsteht, wird
das "erste feste Haus" der Schule seit ihrer Ansiedlung im Jahr 1993
sein. Gründungslehrerin Maria Kaiser kann sich nur an "Hütten und
Container" erinnern und die Angst, "dass alles bei Sturm
davonfliegt".
Mit dem Kauf des Grundstücks in Kleinmachnow im vergangenen Jahr wurden die
Grundlagen für ein dauerhaftes Domizil gelegt. "Das war teuer", sagte
Vorstand Georg Damer in seiner Festrede, "aber mit der Hilfe vieler Eltern
haben wir es geschafft."
Als erster Neubau soll nun bis Februar 2008 ein Mehrzweckgebäude entstehen. Es
kostet die Waldorfschule 1,8 Millionen Euro, davon werden 700 000 Euro durch
Fördermittel abgedeckt, die der Bund zur Etablierung eines Ganztagsangebots
beisteuert. "Darauf mussten wir uns bei der Planung des Gebäudes dann auch
einlassen", so Damer.
Das Haus wird in Holztafelbauweise ausgeführt und erhält drei Räume mit mobilen
Trennwänden. Unterrichtsräume, Speisesaal und Küche sind die Grundausstattung
für den vormittäglichen Unterricht und Arbeitsgemeinschaften am Nachmittag.
Zieht man die Wände hoch, dann entsteht ein großer Saal mit Bühne. Im oberen
Geschoss finden Computerraum und Bibliothek ihren Platz.
Waldorf-Geschäftsführerin Katrin Falbe blickt bereits in die Zukunft. Wenn das
Mehrzweckgebäude steht und ausgestattet ist – auch dafür könnte es Fördermittel
geben –, dann soll bereits ein zweites "festes Haus" im Entstehen
sein. Für das Unterrichtsgebäude wird es bald einen Architektenwettbewerb
geben, im Sommer 2008 könnte es laut Falbe bezogen werden. Die Kosten
veranschlagt sie auf rund eine Million Euro.
In Bürgermeister Wolfgang Blasig (SPD) hat die Geschäftsführerin einen
Unterstützer. Er offenbarte sich gestern als einer, "der die schwierigen
Anfänge der Schule hautnah miterlebt hat". Sie sei ein belebendes Element
auf dem Seeberg, der zu einem Ort der Jugend, zu einem "Campus"
werden solle. Manche Gemeindevertreter, so Blasig in seinem Grußwort, hätten
sich gewundert, warum nun ausgerechnet das Mehrzweckhaus zuerst gebaut würde.
"Ganz einfach: Dies soll der geistige Mittelpunkt der Schule werden, um
den sich dann die anderen Gebäude gruppieren."
Die Gemeinde will sich nach den Worten des Bürgermeisters auch für die folgenden
Bauabschnitte engagieren, damit die Zeit der Provisorien der vergangenen Jahre
bald endet. Dass dies nicht die schlechteste Zeit war, daran erinnerte der
ehemalige Schüler Johann Lieb, der sich an der Rudolf-Steiner-Schule in Berlin
gerade auf sein Abitur vorbereitet. "Das Unfertige hat die Kleinmachnower
Schule lebendig gehalten, es wurde nie langweilig."