Märkische Allgemeine Zeitung 09.06.07

 

Ohne Aufregung geht es nicht

Zwei Gitarrenensemble aus der Region wurden Bundessieger

KONSTANZE WILD

KLEINMACHNOW Ihren größten Erfolg bei "Jugend musiziert" erlangten beim Bundesentscheid in Nürnberg sieben junge Gitarristen der Kreismusikschule Engelbert Humperdinck. Als Trio (25 Punkte) und Quartett (24 Punkte) erlangten sie gleich zweimal erste Preise. Die talentierten Nachwuchsmusiker kommen allesamt aus Stahnsdorf und Kleinmachnow und wurden solistisch bereits ausgezeichnet bei "Jugend musiziert". In Nürnberg spielten sie sich in den Ensemblevarianten nun auch noch in die höchsten Höhen der Bewertungsskala im Bundeswettbewerb. "Besonders beachtlich" vor dem Hintergrund einer "harten Konkurrenz", wie Katharina Achilles es ausdrückt und von wahren "Gitarrenhochburgen" berichtet.

Doch auch die "starken Gitarristen" an der Kreismusikschule Engelbert Humperdinck genießen offenbar eine besonders gute Förderung. "Wir fangen sehr klein an", beginnen die beiden Lehrerinnen Anja Hannemann und Katharina Achilles bescheiden ihr Erfolgsrezept zu erklären. Seit 1994 und 1998 führen sie Erstklässler, auch schon manch Fünfjährigen, spielerisch an die hohe Kunst der klassischen Gitarre heran.

Intensiver und variabler Klang

Die sieben Preisträger lernen seit vielen Jahren in ihrer Obhut. Auf verschiedenen Wegen gelangten sie zur Gitarre, einem Instrument, was auf so unspektakuläre Weise einen so intensiven und variablen Klang zu entfalten vermag. War es bei Daniel Claus (13) der Flamenco spielende Onkel, so inspirierte Konstantin Schenke (14) der ältere Bruder, zu dessen Gitarrenstunden und Vorspielen er "sowieso immer mit musste".

Das "Konzept", alle Schüler in Teamarbeit immer wieder zusammenzuführen und anfangs auch in Gruppen zu unterrichten, geht auf. "Es ist richtig", bewerten die Lehrerinnen ihr stetes Bemühen um ein musikalisches Zusammenspiel der Kinder und Jugendlichen: "Darin sind sie sehr geübt." Schon im Gespräch entsteht der Eindruck eines heiteren vertrauten Miteinanders. Bei einer musikalischen Kostprobe des Trios, einer Fuge von Scarlatti und Maximo Diego Pujols "Fin de siglo", entfaltet sich dann eine intensive Atmosphäre und die drei Gitarristen spielen sich, trotz Hitze und einer wohlverdienten Lässigkeit, Themen, Fugeneinsätze und Rhythmen im wahrsten Sinne des Wortes harmonisch zu. Intensives Üben und Probenwochenenden, für das Quartett unter anderem beim Meisterkurs bei Professor Rainer Feldmann in Babe (bei Neustadt/Dosse), begleiteten die sieben auf ihrem Weg zum Erfolg. Dazu kamen Vorspiele "ohne Ende". Das ist auch anstrengend.

Dazwischen Prüfungen

So absolvierten Dinah-Victoria Krititschka und Christoph Verbakel (beide 16) neben ihrem großen Finale in Nürnberg auch noch die Zehntklassprüfungen am Gymnasium: Zwischen Englisch und Mathe spielten sie im Bundeswettbewerb. Nach den Sommerferien zieht es die beiden zum Schüleraustausch in die USA – mit Gitarre, das ist selbstverständlich.

Während Lisa Alf (20) zurzeit erst einmal jobbt, ist das Quartett der Jüngeren erleichtert, dass es wieder ruhiger zugeht. Man hat ja auch noch andere Hobbies – Reiten, Töpfern und Tennis etwa. Die Anstrengungen und Aufregungen der letzten Wochen scheinen bereits Vergangenheit. "Angst und Lampenfieber" hielten sich in Grenzen, erklärt Karoline Achilles, mit elf Jahren die Jüngste im Quartett. Dazu trug auch die "nette Jury" in Nürnberg bei, die den großen Auftritt der Gitarristen als "Festival" titulierte und eventuelle Blockaden gar nicht erst aufkommen ließ.

Doch ganz ohne Aufregung geht es nicht: Das gibt den Kick, führt zu höchster Konzentration und intensivem Spiel, betonen die Lehrerinnen. Ihnen bescheinigen die jungen Musiker neben einer "tollen Stückauswahl" und persönlichem Einsatz vor allem "große Hartnäckigkeit", ohne die sie kaum so erfolgreich gewesen wären.

Anja Hannemann und Katharina Achilles sind stolz über dieses Kennerlob und werden wohl noch vielen Gitarrenschülern ihre Freude am Instrument weitergeben, immer nach dem Motto: "Fehler, die sind erlaubt, wenn man nur bereit ist, alles zu geben".

Jugend musiziert
Sieben Tage lang war das Städtedreieck Erlangen, Fürth und Nürnberg musikalischer Mittelpunkt Deutschlands: Über 2000 der besten Nachwuchsmusikerinnen und -musiker pilgerten zum 44. Bundeswettbewerb "Jugend musiziert" nach Mittelfranken. Zuvor hatten sie bereits in Regional- und Landeswettbewerben erfolgreich musiziert.

"Jugend musiziert" ist ein Wettbewerb für junge Amateure, der seit 1963 für Solisten und Kammermusikensembles ausgetragen wird. Ursprünglich ins Leben gerufen, um dem Nachwuchsmangel an Orchestern zu begegnen, steht heute das gemeinsame Musizieren im Vordergrund: miteinander ein Werk erarbeiten und es vor Publikum darbieten. Der Bundeswettbewerb steht unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten. Träger des Wettbewerbs, an dem in diesem Jahr Kinder und junge Erwachsene aus mehr als 15 Nationen mitwirkten, ist der Deutsche Musikrat. K.W .