Märkische Allgemeine Zeitung 12.04.07
KLEINMACHNOW Mehr als 20 Veranstaltungen
stehen in diesem Jahr beim Industriemuseum der Region Teltow auf dem Programm.
Mit Ausstellungserweiterungen und Vorträgen will der Förderverein die
Einrichtung attraktiver gestalten. Einen Einblick in die "Geschichte der
Abwasserentsorgung der letzten 100 Jahre" gab kürzlich Peter Reichelt,
Mitarbeiter des Klärwerkes Stahnsdorf. "Ich habe alle Dokumente von den
Anfängen bis heute zusammen bekommen", ist Heimatvereinsmitglied Reichelt
stolz. So konnte der Vortragende seinen Zuhörern die Geschichte nicht nur
verbal näher bringen. Mit historischen Fotos der verschiedenen Praktiken der
Abwasserentsorgung unterlegte er das Gesagte.
Die erste Kläranlage in Stahnsdorf entstand bereits 1906. Dabei handelte es
sich um eine Tropfkörperanlage. Eine Druckleitung beförderte das vorgeklärte
Berliner Schmutzwasser vom Hauptpumpwerk Wilmersdorf nach Stahnsdorf. Dort
wurde es auf 56 Scheiben aus Schmelzkoks, die einen Durchmesser von 20 Metern
und eine Höhe von 2,50 Metern hatten, verrieselt. Das Wasser, welches durch die
sogenannten Segnerschen Wasserräder sickerte und durch diesen Prozess gesäubert
wurde, floss in die Bäke und weiter in den Teltowkanal.
1922 wurde die Anlage fast vollständig abgerissen. "Es war billiger, das
Abwasser auf den Rieselfeldern zu verteilen", so Reichelt. Heute erinnert
lediglich das unter Denkmalschutz stehende Maschinenhaus an die Anlage, die
"wegweisend für alles war, was später gebaut wurde".
So ging 1931 in Stahnsdorf auch das modernste Klärwerk Europas in Betrieb.
Zusätzlich zur Entsorgung des Abwassers auf den Rieselfeldern wurde dort das
Klärgut von Berlin, Teltow, Kleinmachnow, Stahnsdorf und Potsdam
mechanisch-biologisch gereinigt. Erst 1989 gingen die Rieselfelder außer
Betrieb. "Seitdem ist der Grundwasserspiegel bei uns um zwei Meter
gesunken", sagte ein Zuhörer. "Das ist ein Problem", weiß auch
Reichelt. Das versickerte Grundwasser habe stets den Güterfelder See, den
Ruhlsdorfer Röthepfuhl sowie den Stahnsdorfer Dorfteich gespeist. Jetzt seien
die Teiche am Austrocknen.
Allerdings lagerten sich durch die Entsorgung des gebrauchten Wassers auf den
Rieselfeldern auch sämtliche Schwermetalle ab. Diese im Klärschlamm enthaltenden
Stoffe werden heute von der modernen Anlage herausgefiltert. Der Schlamm setzt
sich ab. "Er wird als Sondermüll verbrannt", erklärte
Werksmitarbeiter Reichelt.
Die Geschichte der Abwasserentsorgung hat er in seinem Buch "Vergessene
Landschaft Rieselfelder" zusammengefasst. Auch ein Ausstellungskomplex im
Industriemuseum widmet sich dem Thema. Schautafeln mit Texten und Bildern
dokumentieren die Ereignisse rund um das Thema Abwasser. ekö
Im Industriemuseum der Region Teltow, Meiereifeld 35 in Kleinmachnow, wird
heute um 17 Uhr ein neuer Ausstellungsteil eröffnet. Thema ist der
"Seeberg in Kleinmachnow". Interessierte sind herzlich eingeladen.