Märkische Allgemeine Zeitung 05.04.07
KONSTANZE WILD
KLEINMACHNOW Die Dorfkirche von Kleinmachnow war kaum zwei Jahre jung, da hatte
1599 Hans Zinkeisen, "wohnhaft zu Berlin", einen Altar für das neue
Gotteshaus derer von Hakes geschaffen. In seiner Ausprägung nicht nur
ungewöhnlich, sondern "wohl auch ziemlich einmalig", nennt Dieter Langhein
ihn "das Herz der Kirche". Der Pfarrer ist froh, dass der Wandelaltar
am Karfreitag mit einer musikalischen Vesper wieder in Gebrauch genommen werden
kann. Mehr als zehn Jahre sind vergangen, seit erste Kontakte mit der
Hochschule für bildende Künste in Dresden dazu führten, dass dort neue
Restaurierungsmethoden erforscht und an den Reliefbildern umgesetzt wurden.
Nicht nur rußende Kohleöfen und eine bei Gottesdiensten und Veranstaltungen
viel zu hohe Luftfeuchtigkeit hatten dem kirchlichen Kunstwerk über die Jahre
und alle Maßen zugesetzt.
Auch eine umfassende Restaurierung zu DDR-Zeiten, als die Kirche Staatseigentum
genannt wurde, entpuppte sich im wahrsten Sinne des Wortes als schwerwiegender
Eingriff und konnte letztlich einen Erhalt der Reliefs nicht garantieren. Zu
schwer waren die auf die Flügel gearbeiteten kunstvollen Szenen bei der Reparatur
geworden, drohten gar auseinander zu brechen, nachdem sie – vom Holzwurm und
dessen Überresten befreit – mit einer Gips-Wachsmischung verfestigt worden
waren. "Für den Altar waren die Arbeiten Anfang der sechziger Jahre
dennoch lebensrettend", betont Langhein. In Dresden musste jedoch
"mit neuen Methoden und leichten Balsahölzern" dem Altarschmuck seine
Festigkeit wieder gegeben werden.
Neben dem Abendmahl im Mittelschrein sind in den aufklappbaren inneren Flügeln
vier Szenen aus der Passionsgeschichte dargestellt: die Fußwaschung, Jesu Gebet
in Gethsemane, seine Verurteilung durch Kaiphas und die Verleugnung des Petrus
sowie die Grablegung Jesu.
Dass Passion und Abendmahl im Zentrum stehen, habe seinen Grund in der
reformatorischen Entstehungszeit, vermutet Theologe Langhein. Auch die
Mittelstellung des Taufsteins weist auf einen reformatorischen Kirchbau,
vielleicht einen der ersten, hin.
In der Ankündigungsszene auf den geschlossenen Flügeln stellen sich die Stifter
Margarete und Joachim von Hake als Maria und Engel Gabriel vor. Der Altar
begleitet die Gemeinde im Kirchjahr: Geschlossen in der Bußzeit zum Advent,
aufgeklappt mit biblischen Geschichten, wie Jesu Kindheit, Gleichnis vom guten
Hirten und Jesu mit seinen Jüngern, schließlich, im Mittelteil, die Reliefs von
Passion und Abendmahl.
Das Passahlamm ist dabei nur einer von etlichen Hinweisen auf das Alte
Testament. Über den Flügeln steht Jesus als Auferstandener und darüber als
Gekreuzigter – auf der alttestamentarischen Bundeslade. Recht ungewöhnlich
nennt der Pfarrer die Verbindung von Altem und Neuem Testament, von Verheißung
und Erfüllung, mit der Zinkeisen in seiner rustikalen und doch so kunstvollen
Arbeit den Kleinmachnower Altar zu etwas Besonderem gemacht hat.
Die Kosten der Restaurierung, die sich auf rund 40 000 bis 50 000 Euro
belaufen, konnten durch kleinere Zuschüsse der Landeskirche und der Kommune,
überwiegend jedoch durch Spenden gedeckt werden.
Mehr als zehn Jahre war die Innenseite des Altars für die Gemeinde nicht
sichtbar. Bedenkt man den Bevölkerungswandel, der in Kleinmachnow in den Jahren
nach dem Mauerfall eingesetzt hat und den Zuzug, der bis heute anhält, haben
wohl mehr als die Hälfte der Gemeindeglieder den Altar in seiner ganzen Pracht
noch nie gesehen.
Das zumindest vermutet Dieter Langhein, der selbst 1988 aus der Altmark nach
Kleinmachnow kam und seit 17 Jahren hier Pfarrer ist.
Am morgigen Karfreitag zur musikalischen Vesper mit dem Kammerchor der Kantorei
um 17 Uhr (Chor- und Orgelwerke von Dietrich Buxtehude) ist der Altar nach
seiner Fertigstellung erstmalig wieder ganz zu sehen. Auch sonntags lädt
künftig von 14 bis 17 Uhr der Förderverein Kirchenbauten Kleinmachnow wieder in
die "Offene Kirche" ein. Dort wird auch eine Dokumentation der Restaurierungsarbeiten
ausgestellt sein. Infos im Gemeindebüro: 033203/2 28 44.